Ob es wohl eine Bedienungsanleitung zum Verwenden dieser Bank gibt? "Ja, das wäre nicht schlecht", sagen Paul Bourel und Vladimir Guculak, die das eigentümliche Sitzobjekt in Brixton gefunden haben, einem beliebten multikulturellen Stadtteil im Süden von London.

Tote Bäumchen, vertrocknete Wiesen oder verwaiste Parkbänke mitten in der Stadt.
Vladimir Guculak

"Denn obwohl es rundherum viele Bars und Lokale gibt, obwohl hier viele Jugendliche und Studenten abhängen, ist hier selten jemand anzutreffen. Und das ist schade, denn gut gestaltete Sitzbänke führen dazu, dass urbane Sozialisation entsteht, dass Menschen ins Gespräch kommen und Kontakte knüpfen. Eine schlechte Planung wie diese jedoch hat den gegenteiligen Effekt."

Die gegenständliche Donut-Bank findet sich als geografisch und urheberisch anonymisiertes Bildbeispiel #28 im soeben erschienenen Büchlein Sh*tscapes. 100 Mistakes in Landscape Architecture, einem Kompendium von hundert Fehlern und "beschissenen Landschaften" – so der wortgewitzte Buchtitel – im öffentlichen Raum, eine Art Handbuch für Fachleute und Entscheidungsträger.

Minderwertige Ausführung

"Es geht nicht darum, irgendjemanden anzuprangern oder sich über Fehlplanungen, minderwertige Ausführungen oder schlechte Pflege und Instandhaltung lustig zu machen", so die beiden Autoren, die in London das Landschaftsplanungsbüro studio gb leiten und an der Bartlett School of Architecture unterrichten. "Wir wollen bloß anschaulich machen, wie wenig Bewusstsein es in diesem Bereich gibt und wie viel unnötiger Schaden dadurch entsteht."

So wie zum Beispiel in Elephant & Castle, Bild #22: Mit viel Sorgfalt wurde die Pflasterung optisch fortgesetzt, als eingeklebtes Steinbett in einem metallischen Schachtdeckel. Allerdings ist die Ausführung minderwertig, Stein und Mörtel haben der Belastung der darüberfahrenden Autos nicht standgehalten.

Die beiden Autoren Paul Bourel und Vladimir Guculak zeigen, wie's nicht geht.
Vladimir Guculak

Wie zum Beispiel in Stockwell, Bild #60: Nicht nur die Aussparung mit runder Metallmanschette scheint winzig klein gewählt, auch die beiden Holzpfähle, die in der Regel in der Anwuchsphase als eine Art Krücke an den Baum gebunden werden, wurden noch immer nicht entfernt und beschädigen auf diese Weise die Rinde.

Geschrumpfter Fertigrasen

Oder etwa in Aldgate, Bild #69: Aufgrund mangelnder Bewässerung und großer Hitze sind die frisch verlegten Fertigrasenmatten geschrumpft. Kalkuliert man die benötigten Personalkosten für Pflege und Bewässerung mit ein, würde sich ein automatisches Bewässerungssystem innerhalb weniger Jahre amortisieren. Die Tauben indes scheint das wenig zu tangieren.

Wenig Platz für einen Baum gibt es in Stockwell.
Vladimir Guculak

"Beispiele für Fehlplanungen und minderwertige Ausführungen wie diese gibt es nicht nur in London", sagen Bourel (35) und Guculak (36). "Doch in Großbritannien ist die Dichte höher als anderswo." Den Grund dafür orten die beiden Landschaftsarchitekten vor allem in den Eigentumsstrukturen, konkret in der kontinuierlichen Privatisierung öffentlicher Räume und Institutionen in der Ära Margaret Thatcher. "Bei vielen Straßen, Plätzen und Parkanlagen in London handelt es sich um private Räume mit öffentlichem Nutzungs- und Aufenthaltsrecht. Daher gibt es auch kein übergeordnetes Interesse an der Pflege und Erhaltung."

Ökologische Verantwortung

Und das ist ein ziemliches Problem. Einerseits gibt es eine nationale, überaus ambitionierte Quote, die vorschreibt, die städtischen Freiräume bis 2050 mit einer Deckung von 16,5 Prozent zu begrünen und mit Bäumen zu bepflanzen, zudem ist im November letzten Jahres der sogenannte Biodiversity Net Gain (BNG, Biodiversitäts-Nettogewinn) in Kraft getreten, der Bauträger und Immobilienentwickler verpflichtet, in die Artenvielfalt von Fauna und Flora zu investieren.

Die Rasenmatten sind aufgrund der Hitze geschrumpft.
Vladimir Guculak

Andererseits hat eine Studie der UK Forestry Commission kürzlich ergeben, dass 30 Prozent aller städtischen Bäume innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Pflanzung absterben. Die mittelfristige Mortalität urbaner Bäume beträgt sogar 50 Prozent. "Das ist eine Katastrophe", so die beiden Buchautoren. "Letztendlich ist das nicht nur ein volkswirtschaftlicher Schaden, sondern auch eine sinnlose Zerstörung sozialer und mikroklimatischer Potenziale."

Klimaschutz und ökologische Verantwortung, so das Fazit nach hundert durchgeblätterten Bildbeispielen, sind keine Privatsache. Die urbane Überlebenssicherheit gehört in öffentliche Hände gelegt. (Wojciech Czaja, 27.4.2024)