SPD-Kandidat Matthias Ecke auf einem Wahlplakat in Dresden
SPD-Kandidat Matthias Ecke auf einem Wahlplakat in Dresden.
AFP/JENS SCHLUETER

Dresden/Berlin – Ein 17-Jähriger hat sich in der Nacht auf Sonntag wegen des Angriffs auf den sächsischen SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke der Polizei gestellt. Er befinde sich nicht in Gewahrsam, da nicht davon auszugehen sei, dass er untertauche, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamts am Sonntag in Dresden. Ecke war am Freitagabend von vier Tätern angegriffen und schwer verletzt worden. Er liegt seitdem im Krankenhaus und muss operiert werden.

Zuvor hatte die Gruppe einen 28-Jährigen attackiert, der für die Grünen Wahlplakate anbrachte. Der 17-Jährige, der sich nun stellte, war nach LKA-Angaben zuvor nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Laut "Spiegel" hat der jugendliche Deutsche gegen 1 Uhr nachts im Beisein eines Elternteils der Polizei auf dem Revier Dresden-Süd mitgeteilt, dass er der Täter sei. Zu den weiteren bisher unbekannten Tatverdächtigen würde weiter ermittelt, hieß es.

AfD-Wahlkampfstand angegriffen

Indes ist es auch zu einem Angriff auf ein Wahlkampfstand der AfD in Dresden gekommen. Zwei 23-jährige Frauen und ein 28-jähriger Mann attackierten am Samstagnachmittag in der Äußeren Neustadt unvermittelt einen Informationsstand der Partei und beschädigten Aufsteller, Plakate und einen Tisch, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Der 54-jährige Betreiber des Standes wurde demnach nicht verletzt.

Die Polizei stellte die Tatverdächtigen nach Hinweisen von Zeugen. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung übernommen.

Zudem beschädigte laut Polizei eine Gruppe von 20 Jugendlichen in der Nacht auf Sonntag im Stadtteil Striesen augenscheinlich wahllos 21 Wahlplakate der AfD, der FDP, der CDU und der Linken. Eine Zeugin rief die Polizei, die einen 17-Jährigen auf frischer Tat ertappte, als er in der Schandauer Straße - wo am Freitagabend der Europaabgeordnete Ecke und ein Wahlkampfhelfer der Grünen angriffen wurden – ein Plakat der Linken zerstörte.

Auch in Leipzig wurden Wahlplakate verschiedener Parteien beschädigt, wie die Polizei mitteilte. Im Stadtteil Marienbrunn lösten Unbekannte am Samstag rund 50 Plakate von der Befestigung und zerrissen oder verbrannten sie teilweise. Im Stadtteil Neulindenau wurden zwei an einer Straßenlaterne befestigte Plakate verbrannt. In Taucha (Landkreis Nordsachsen) wurden ebenfalls zwei Plakate entfernt.

Spitzentreffen und Demonstrationen

Nach dem brutalen Angriff auf Ecke sollen die Innenminister von Bund und Ländern schon sehr bald über Schutzmaßnahmen beraten. Laut einem Medienbericht regte die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) eine Sonderkonferenz in der kommenden Woche an. Wie der "Tagesspiegel" berichtete, bat Faeser den aktuellen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen, um die Einberufung eines solchen Treffens.

Am Samstag hatte Faeser bereits eine schnelle Einberufung einer Konferenz für dringlich erklärt. "Der Rechtsstaat muss und wird hierauf mit einem harten Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in unserem Land reagieren", hatte sie mit Blick auf die Gewaltattacken auf die Politiker erklärt.

Auch CDU-Chef Friedrich Merz hat die gewalttätigen Übergriffe auf Politiker scharf verurteilt. "Wir erleben leider in den letzten Tagen eine ganze Reihe von wirklich inakzeptablen Übergriffen auf Wahlkämpfer", sagte Merz, der auch Chef der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag ist, am Sonntag vor dem am Montag beginnenden CDU-Parteitag in Berlin.

Derweil riefen zwei Bündnisse für diesen Sonntag unter dem Motto "Gewalt hat keinen Platz in unserer Demokratie!" zu spontanen Demonstrationen in Berlin und Dresden auf. In Berlin soll ab 18 Uhr vor dem Brandenburger Tor protestiert werden, in Dresden ab 17 Uhr am Pohlandplatz, wie es in den am Samstagabend veröffentlichten Instagram-Posts des Internetportals "Zusammen gegen Rechts" und des Bündnisses "Wir sind die Brandmauer Dresden" heißt.

Vorfälle häufen sich

Die Vorfälle von Dresden reihen sich ein in eine bundesweite Folge von Angriffen auf Parteimitglieder vor der Kommunal- und Europawahlen am 9. Juni. Erst am Donnerstagabend waren in Essen nach einer Grünen-Veranstaltung der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß nach eigenen Angaben attackiert und Fliß dabei geschlagen worden. Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring-Eckardt war vor einer Woche in Ostbrandenburg nach einer Veranstaltung aggressiv bedrängt und an der Abfahrt gehindert worden. (APA, red, 5.5.2024)