Fünf Menschen werden auf einer Insel ausgesetzt. Sechs Wochen lang stehen sie gemeinsam auf, verbringen den Tag miteinander, abends gehen sie wieder zu Bett. Zwei Frauen, drei Männer und eine Fernsehkamera. Reality-TV in seiner abgeschmacktesten Form?Ein paar Indizien deuten darauf hin, dass der erste Eindruck trügt: Es wird niemand abgewählt, zum Schluss gibt es keine Siegerprämie und - sehr verdächtig - die fünf verstehen sich blendend. Abseits von sinnentleerter Selbstdarstellung versucht die BBC-Serie "Rough Science" (zu Deutsch: "raue Wissenschaft") dem Begriff Reality-TV eine neue Bedeutung zu geben. Im Vordergrund steht die Sache, die da heißt: Wissenschaft. Der Physiker Jonathan Hare gewinnt aus Holzkohle, Schwefel und - nicht wörtlich zu nehmen - einer Hand voll Vogeldreck Schießpulver für ein Feuerwerk, Kollegin Kathy Sykes bastelt aus Drähten und einer Glasflasche eine Glühbirne. Der Virologe Mike Leahy und die Botanikerin Ellen McCallie züchten Bakterien für eine desinfizierende Salbe. Mike Bullivant, der Chemiker, macht Eis bei 38 Grad und 86 Prozent Luftfeuchtigkeit. Kluges kooperieren "Wir wollen den Zusehern die Wissenschaft näher bringen", erklärt "Rough Science"-Produzent Steve Evanson die Intention des Vorhabens. Mit Erfolg: Die intelligente Reality-Show - eine Kooperation zwischen der BBC und der Fernuni Open University - ist bei den Briten außerordentlich beliebt. Bereits zwei Staffeln von "Rough Science" wur- den gedreht, BBC 2 freute sich über zwei Millionen Zuschauer im Schnitt. Begleitbuch und Internet informieren umfassend über die Experimente. BBC Prime - in Wiener Kabelhaushalten zu empfangen - zeigt die zweite Serie von der Karibikinsel Carriacou ab Sonntag, 7. Juli um 16.30 Uhr in sechs 30-minütigen Folgen. Zurzeit wird in Neuseeland eine dritte Neuauflage gedreht. Gesendet wird voraussichtlich Ende Oktober. Je drei Tage hatten die Wissenschafter Zeit, das ihnen gestellte Problem zu lösen, dann wartete die nächste Aufgabe. Für Liebesgeplänkel, bösartige Intrigen oder gar Lagerkoller blieb jedenfalls keine Zeit. Jonathan Hare: "Wir waren zu beschäftigt, um etwas anderes zu werden als gute Freunde." (Doris Priesching/DER STANDARD; Printausgabe, 6./7.7.2002)