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Jan Hendrik Schön

Foto: Archiv

    Der Skandal um fingierte Forschungen eines deutschen Physikers führte nun zum größten Rückzieher wissenschaftlicher Publikationen in internationalen Topjournalen. Betrug in der Wissenschaft ist zwar alt, aber selten.

Washington/Wien - Der deutsche Physiker Jan Hendrik Schön sorgt für den bisher größten Rückzieher wissenschaftlicher Fachartikel im renommierten US-Journal Science: Acht Publikationen zieht Schön in der aktuellen Ausgabe zurück, nachdem eine US-Prüfungskommission die Studien als teilweise gefälscht entlarvt hatte - DER STANDARD berichtete.

Laut Herausgeber sind aus dem Journal noch nie so viele Artikel auf einmal zurückgezogen worden. Obwohl die fraglichen Arbeiten möglicherweise auch einige seriöse Ideen und Beiträge enthielten, seien sie komplett zurückgenommen worden.

Schön soll von 1998 bis 2001 in 16 von 24 überprüften Verdachtsfällen Daten manipuliert oder falsch dargestellt haben. Dabei hatte der Deutsche mit seinen vermeintlichen Forschungsergebnissen aus der Welt der Nanotechnologie oftmals für Aufsehen gesorgt. Vor allem die angebliche Entwicklung eines molekülgroßen Transistors vor einem Jahr verblüffte. Der 33-Jährige galt als nobelpreisverdächtig.

Dann flog der Schwindel auf: Diagramme unterschiedlichster Experimente glichen sich, Schön hatte zur Darstellung seiner angeblich erforschten Daten einfach irgendwelche passende mathematischen Funktionen genommen. Auch das britische Topjournal Nature plant nun die Rücknahme von fünf Schön-Artikeln.

Ein altes Leiden

Betrug in der Wissenschaft ist so alt wie die Forschung selbst. Schon der Astronom Ptolemäus fälschte und fingierte Beobachtungen und übernahm die Daten von Kollegen, wie sich fast 2000 Jahre später herausstellte. Und selbst Isaac Newton soll dem italienischen Historiker Federico Di Trocchio zufolge gemogelt haben: Den Beweis des allgemeinen Gravitationsgesetzes habe Newton einem Kollegen "geklaut".

Der österreichische Biologe Paul Kammerer half der Natur in den 1920er-Jahren mit dem Malstift nach, als die von ihm gezüchteten Kröten nicht die erwarteten Markierungen aufzeigten. Auch US-Forscher William Summerlin nahm 1974 einen Filzstift und malte weißen Mäusen schwarze Flecken auf, um fremde Hauttransplantate vorzutäuschen. Der britische Psychologe Sir Cyril Burt wiederum hat seine Theorien mit fiktiven Intelligenzquotienten erfundener Personen belegt - als er auch noch die Namen seiner Mitautoren erfand, flog er auf. Und bis 1993 sollen die deutschen Krebsforscher Friedhelm Herrmann und Marion Brach manipulierte Arbeiten veröffentlicht, damit Förderungen erschlichen haben.

Doch solche Vorkommen scheinen selten. In den USA flogen im vergangenen Jahrzehnt bei der Überprüfung von rund 600.000 Studien knapp 200 betrügerische Forscher auf. (dpa, fei, DER STANDARD, Print, 02./03.11.2002)