"Diese Hunde brauchen die Bewegung", sagt Hundeschlittenfahrerin Sieglinde Herzmaier

Fotocredits: Herzmaier

Ab 15 Grad Celsius dürfen die Hunde jedoch nicht mehr trainiert werden

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Durch ihr dickes Fell neigen die Huskies zur Überhitzung

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Hundeschlittenfahren ist kein Sport für Bewegungsmuffel, sondern mitunter auch körperlich anstrengend. Sieglinde Herzmaier, Vizestaatsmeisterin in der Acht-Hundeklasse, über eine sportliche Kooperation zwischen Mensch und Tier.

derStandard.at: Was fasziniert Sie am Schlittenhundefahren?

Herzmaier: Die Nähe zur Natur und das Gefühl der Freiheit. Durch einen verschneiten Wald fahren und nur das Hecheln der Hunde zu hören, wirkt auf mich meditativ und stressabbauend.

derStandard.at: Eine Sportart für Bewegungsmuffel?

Herzmaier: Nein. Auch die Teilnahme an einer Publikumsfahrt erfordert durchaus Kondition. Hundeschlittenfahren heißt nicht: Hinaufstellen und den Rest erledigen die Hunde. Unsere sibirischen Huskys sind zwar stark und in der Lage das neunfache ihres Körpergewichtes zu ziehen. Sie sind aber nicht dumm und ziehen nur solange es ihnen auch Spaß macht . Einen Schlitten samt Fahrgast aufwärts zu ziehen, bereitet auch einem Husky kein großes Vergnügen.

derStandard.at: Körperlicher Einsatz ist also gefragt?

Herzmaier: Der Fahrgast arbeitet aktiv mit. Wir nennen es Mitpedalen. Beim Bergauf fahren bedeutet das, wie beim Roller fahren, wird mit einem Fuß angetaucht. Manchmal erfordert es die Situation auch, vom Schlitten abzusteigen und ein Stück mitzugehen. Der Schlitten darf dabei nicht losgelassen werden. Beim Bergabfahren muss der Fahrer bremsen.

derStandard.at: Was versteht man unter einer Publikumsfahrt?

Herzmaier: Das ist ein geführter Ausflug mit den Hundeschlitten. Jeder Gast ist ein Musher. Das heißt, er steht alleine auf einem eigenen Holzschlitten und lenkt diesen. Davor spannen wir vier Hunde. Mehrere Schlitten fahren dann hintereinander. Der vorderste wird immer von einem unserer erfahrenen Musher gelenkt. Er führt die gesamte Gruppe an.

derStandard.at: Ist das nicht gefährlich, so ganz allein auf dem eigenen Schlitten?

Herzmaier: Für die Menschen weniger, wie für die Hunde. Entscheidend ist, dass vor der ersten Schlittenfahrt eine Einschulung gemacht wird, damit der Gast bremsen lernt. Jeder Schlitten hat zwei integrierte Bremsen und zusätzlich kann auch mit den Füßen gebremst werden. Bremsen ist wichtig, denn die Hunde vorne müssen immer schneller sein, als der Schlitten hinten. Nur wenn die Hunde permanent auf Zug sind, lässt sich der Schlitten auch lenken.

derStandard.at: Was kann passieren, wenn der Schlitten kippt und der Fahrer herunterfällt?

Herzmaier: Dann landet der Gast im Schnee, und lässt vor Schreck automatisch den Schlitten los. Diese Holzschlitten sind aber sehr stabil und kippen deshalb nicht so leicht und außerdem ist die Angst mitgerissen zu werden völlig unbegründet, denn die Musher sind am Schlitten ja nicht fixiert. Wenn es aber doch einmal passiert, dann sind die Hunde darüber sehr glücklich, denn sobald auf dem Schlitten keiner mehr oben steht, können sie schneller laufen. Sie kommen aber nicht weit, denn spätestens beim vordersten Schlitten werden sie von unserem Musher abgefangen.

derStandard.at: Folgen die Hunde den Befehlen des Mushers?

Herzmaier: Der Gastmusher hat keinerlei Kontrolle über den Hund. Er gibt auch keine Kommandos, weil die Hunde ohnehin das richtige machen, indem sie sich am vordersten Musher orientieren. Der gibt seinen Hunden Befehle und die anschließenden Gäste können sich darauf verlassen, dass ihre Hunde das jeweils richtige tun.

derStandard.at: Was drohen den Hunden für Gefahren?

Herzmaier: Das größte Risiko ist, dass sich die Huskys mit ihren Füssen in den Leinen verheddern. Diese Gefahr entsteht vor allem beim Wenden eines Schlittens. Bei Publikumsfahrten gibt es allerdings keine Wenden, weil nur in Runden gefahren wird. Es ist auch denkbar, dass ein Hund vorne langsamer läuft, wie der Husky dahinter. Auch dann kann es zu Verwicklungen kommen. Als erfahrener Musher muss man deshalb die eigenen Hunde einzuschätzen wissen.

derStandard.at: Die Hunde steht bei dieser Sportart also immer im Vordergrund?

Herzmaier: Ja. Auf sie wird permanent Rücksicht genommen. Wir halten genaue Pausen ein, damit die Hunde verschnaufen können. Das wichtigste ist immer, dass es den Hunden Spaß macht.

derStandard.at: Wie schnell laufen die Hunde?

Herzmaier: Ihre Geschwindigkeit ist zeit- und temperaturabhängig. Früh morgens wen sie ausgeschlafen sind und des schön kalt ist, dann sind sie schneller. Je länger sie laufen und je wärmer es wird, desto langsamer werden sie. Deshalb fahren wir nie länger als eine halbe Stunde am Stück.

derStandard.at: Sind entgegenkommende Spaziergänger ein Problem?

Herzmaier: Problematisch sind eher entgegenkommende Hunde. Huskys sind Rudeltiere und auch wenn sie untereinander nicht immer einig sind, sobald ein Hund von außen kommt, helfen sie als Rudel zusammen.

derStandard.at: Was machen die Hunde im Sommer?

Herzmaier: Ab 15 Grad Celsius Außentemperatur dürfen die Hunde nicht mehr trainiert werden. Diese Rasse besitzt ein sehr dichtes Fell und neigt zur Überhitzung. Im Gegensatz zu anderen Hunderassen haben Huskys einen permanenten Laufdrang und bemerken nicht, wenn es zu heiß wird.

derStandard.at: Was tun sie mit den Hunden, wenn es im Winter mal wieder nicht schneit?

Herzmaier: Dann trainieren wir unsere Hunde mit Wagen oder Fahrrädern, ohne Publikum. Diese Hunde brauchen die Bewegung. (Regina Philipp, derStandard.at, 2. Dezember 2008)