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Wilhelm Molterer, ÖVP: "E-Voting ist ein demokratiepolitischer Meilenstein."

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Peter Wittmann, SPÖ: "Den Menschen muss bewusst sein, dass sie nicht über Dancing Stars abstimmen."

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Harald Stefan, FPÖ: "E-Voting ist heikel, ich habe kein gutes Gefühl."

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Herbert Scheibner, BZÖ: "Wenn das Wahlgeheimnis noch nicht gewährleistet ist, müssen wir auf das E-Voting verzichten."

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Daniela Musiol, Grüne: "Wir überlegen aus Datenschutzgründen eine Verfassungsklage."

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Das Wissenschaftsministerium hat Konsequenzen aus dem derStandard.at-Artikel über die Evaluierungen der E-Voting-Software, wonach es Sicherheitslücken geben soll, gezogen. Es will nun die "Information zu E-Voting verstärken". Gegenüber derStandard.at heißt es, drei Monate vor der ÖH-Wahl, wo das System zur Anwendung kommen soll, würden immer mehr Fragen zum Thema auftauchen. Deshalb habe man nun auf der Homepage des Ministeriums die häufigsten Fragen und Antworten zusammengestellt, "um umfassend und fundiert zu informieren". Es wird unter anderem angeführt, wie die Auszählung der Stimmen erfolgt und die "Sicherstellung der Anonymität" erklärt.

Neue Wahlkommission an der Uni Wien

Andere Fragen bleiben aber weiterhin offen, zum Beispiel, warum sich die Wahlkommission der Universität Wien, die für die Abwicklung der ÖH-Wahl im Mai an der Uni Wien zuständig ist, im Dezember zum Rücktritt gezwungen sah. Die Vorsitzende, Verfassungsjuristin Gerda Marx, nannte damals als Grund, dass sie "die Rechtmäßigkeit der Durchführung der ÖH-Wahlen nicht gewährleisten oder überwachen" könne.

Inzwischen gibt es neue Vorsitzende der Wahlkommission der Uni Wien. Christian Albert, bisher an der Konfliktberatungsstelle der Uni Wien tätig, und Kamila Maria Staudigl-Ciechowicz, Assistentin am Institut für Rechtsgeschichte, wurden vor wenigen Tagen vom Wissenschaftsministerium ernannt. Sie seien ÖVP-nahe, kritisieren jedoch die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), und  bewerten es negativ, dass keine Verfassungsjuristen ernannt wurden. Die Vorsitzenden weisen die ÖVP-Nähe jedoch zurück.

Entscheidung bei Bundeswahlkommission

Am Montagabend fand das erste Treffen der Vorsitzenden mit ÖH-Vertretern statt. Letztere brachten ihre Kritik am E-Voting an. Der Vorsitzende Christian Albert sieht das jedoch gelassen. Seine "private Meinung" zähle in der Sache nicht, sagt er zu derStandard.at. Er sei vom Wissenschaftsministerium gebeten worden, die für ÖH-Wahlen die rechtlichen Rahmenbedingungen abzuwickeln, damit die Wahl gut abläuft, und das werde er tun. Die Letztentscheidung, ob das E-Voting bei der Wahl zum Einsatz komme, liege nicht in der Hand der Wiener Wahlkommission, sondern bei der Bundeswahlkommission. Von dort hieß es zuletzt: "Alle Missverständnisse sind ausgeräumt."

Alle außer ÖVP dagegen

Skeptisch stehen nach den bekannt gewordenen Evaluierungen vier der fünf Parlamentsparteien dem Projekt "E-Voting bei den ÖH-Wahlen" gegenüber. Die Verfassungssprecher von SPÖ, FPÖ, BZÖ und den Grünen sind dagegen, einzig die ÖVP dafür. Das ergab ein derStandard.at-Rundruf bei den Verfassungssprechern der Parlamentsparteien.

Im Februar 2001 war die Änderung des Hochschülerschaftgesetzes beschlossen worden. Damals waren die Parteien noch für die eletronische Stimmabgabe eingetreten. Das Gesetz wurde in dritter Lesung einstimmig angenommen. Einzig die Grünen stimmten dem ÖVP-FPÖ-SPÖ-Entschließungsantrag betreffend E-Voting nicht zu.

Alle außer ÖVP dagegen

Der Verfassungssprecher und ehemalige Chef der ÖVP Wilhelm Molterer sagt im Gespräch mit derStandard.at, E-Voting sei ein "demokratiepolitischer Meilenstein". Es sei eine "absolute Notwendigkeit", dass man sich bei den Kommunikationsmitteln den jungen WählerInnen annähere. Denn die "demokratiepolitische Mitbestimmung" sei wichtig. Molterer schließt auch nicht aus, dass E-Voting in naher Zukunft bei bundesweiten Wahlen zum Einsatz kommen soll.

Peter Wittmann, Verfassungssprecher der SPÖ, ruft gegenüber derStandard.at in Erinnerung, dass überall dort, wo es bisher E-Voting-Versuche gegeben habe, das System nicht funktioniert habe. Er ist gegen E-Voting und appelliert: "Den Menschen muss bewusst sein, dass sie nicht über Dancing Stars abstimmen."

FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan bezeichnet E-Voting als "heikel", es sei möglich, dass sich jemand "einhacken" könne. Er habe "kein gutes Gefühl" und möchte deshalb E-Voting bei der ÖH-Wahl verhindern.

Herbert Scheibner vom BZÖ ist zwar der Meinung, dass "alles, was die Demokratie erleichtert" positiv zu bewerten ist. "Wenn das Wahlgeheimnis noch nicht gewährleistet ist", müsse man jedoch auf das E-Voting verzichten. Scheibner betont gleichzeitig aber, dass E-Voting in Zukunft "sicher einmal Thema sein wird".

Klage beim Verfassungsgerichtshof

Auch die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol spricht an, dass E-Voting als "Zeichen von Modernität" wahrgenommen wird, und dass man sich der Frage deshalb stellen müsse. Die Grünen sind aber aus Datenschutzgründen gegen E-Voting und überlegen sogar eine Klage beim Verfassungsgerichtshof.

Bis Mitte Mai, wo die ÖH-Wahl stattfinden soll, könnte das zwar knapp werden, möglich wäre aber, dass der VfGH noch davor ein Urteil fällt. Das bestätigt auch Christian Neuwirth, der Sprecher des VfGH: "Wenn es notwendig ist, können wir sehr schnell sein." Da die Klage aber noch nicht eingebracht ist, könne man nicht sagen, ob es sich bis Mai ausgehe. Notfalls könnte das ÖH-Wahlergebnis aber auch für ungültig erklärt werden. VfGH-Präsident Gerhart Holzinger hatte sich in der Vergangenheit sehr skeptisch zum Thema E-Voting geäußert.

Manipulation nicht überprüfbar

Peter Purgathofer, Professor an der TU Wien, untermauert die Vorwürfe des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes. Neben Datenschutzverletzungen sieht er auch Probleme bei der Stimmenauszählung: "Wir können nicht überprüfen, ob eine Manipulation stattgefunden hat." (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 24.2.2009)