Matthias Stöcher leitet die Online-Vermarktung von derStandard.at.

Mediaagenturen verdienen ihr Geld, indem sie Fragestellungen wie zum Beispiel: "Wie erreicht eine Botschaft die maximale Anzahl an Personen in der Zielgruppe mit festgelegtem Budget?" für ihre Kunden beantworten.

Wenn Mediaagenturen nun beginnen, ihre Kunden dahingehend zu beraten, ihr Mediageld nur mehr je ausgelöstem Impuls in der Verkaufskette (Click, Lead, Order) zu bezahlen, erfüllen sie damit vermutlich die Wünsche vieler Kunden und insbesondere ihrer Controller die Marketingkosten endlich erfolgsabhängig (variabel) zu gestalten. Jedoch machen sich die Mediaagenturen damit überflüssig. Denn sobald nur mehr je CPx (Cost per Lead/Order/Click) zu bezahlen ist, erübrigt sich jegliche Mediaplanung obliegt sie doch dann dem Adserver. Damit hätte sich die Mediaagentur dann erfolgreich weg rationalisiert.

Gleichzeitig verliert der Kunde die Kontrolle darüber, in welchem Umfeld er seine Marke, beziehungsweise seine Produkte präsentiert. Medien und Werbenetzwerke in denen nach CPx abgerechnet wird, zeichnen sich oft durch fragwürdige Umfelder aus, mit denen Marken nicht unbedingt in Berührung geraten wollen. So stornierte zum Beispiel die Telekom alle Werbeschaltungen auf Facebook (siehe Artikel), da sie nicht ausschließen können, dass ihre Werbung neben rechtsradikalem Gedankengut aufscheint.

Gänzlich unverständlich ist mir in diesem Zusammenhang auch das Verhalten mancher großer Onlinemedien in Österreich. Es ist ein offenes Geheimnis in der Branche, dass große Versandhäuser oder Onlinewettanbieter versuchen, nach CPx-Modellen ihre Werbeleistung einzukaufen. Warum jedoch steigen Medien beim Verkauf ihrer Werbefläche darauf ein? Sie übernehmen damit nicht nur das Risiko für Produkte von ganz unterschiedlichen Branchen, wissentlich, dass nur ein Bruchteil der AdImpressions, die einen Verkauf auslösen, auch direkt messbar ist. (Problematik Medienbruch: Der Kunde sieht die Werbung am Büro-PC, kauft jedoch vom Heim-PC, oder per Telefon oder im physischen Shop, beziehungsweise wird dem langfristigen Imageaufbau nicht Rechnung getragen.)

Zusätzlich bleibt den Medien die Aufgabe der laufenden Optimierung der Werbeschaltungen, um einen möglichst hohen Erlös in Bezug auf die ausgespielten AdImpressions zu erzielen. Und was in meinen Augen noch viel schlimmer ist, sie stoßen alle anderen Kunden vor den Kopf, die nach CPM-Preisliste (also nach tatsächlich ausgelieferten Sichtkontakten) bei ihnen einkaufen und denen mit den monatlichen Focus-Zahlen offen kommuniziert wird, dass es diese Werbefläche auch viel billiger gibt. Das kannibalisiert das eigentliche Geschäftsmodell der Medien.

Jedem sein Risiko

Aus diesen Gründen finde ich es vernünftiger, wenn jeder Marktteilnehmer das Risiko für sein eigenes Geschäft trägt und nicht das Risiko von für ihn fremden Branchen und Produkten übernimmt. Denn der Wert eines Leads oder einer Order ist je Branche und Produkt extrem unterschiedlich und von vielen Faktoren, die das Medium nicht beeinflussen kann, abhängig, beziehungsweise kann es nicht Aufgabe des Mediums sein, sich in das Geschäftsmodell, das Pricing, die Kreation und alle anderen Faktoren von denen der Erfolg einer Werbung abhängt, eines jeden Kunden im Detail hineinzudenken.

Technologie trotzdem verwenden

Die Möglichkeit, dank der neuen Technologien im Web, den Erfolg der Werbung messbarer zu machen, ist nicht wegzuleugnen und jeder Kunde ist gut beraten, diese Technologie für sich zu verwenden. Jedoch sollte er sich dabei immer vor Augen führen, dass die Daten nur ein Teil des Bildes sind. Die so gesammelten Daten und Zahlen gilt es zu interpretieren und hier liegt die eigentliche Kunst. Insbesondere die Fragestellung, wie viele Kaufimpulse die Werbung im jeweiligen Medium ausgelöst hat, die nicht direkt messbar sind, gilt es genauer zu untersuchen. Die Interpretation genau dieser Frage sehe ich als Aufgabe der Mediaagenturen. Denn nur wenn diese Frage so gut wie möglich beantwortet wurde, kann eine Beurteilung stattfinden, welches Medium in der kommenden Planung wieder sinnvollerweise berücksichtigt werden soll. 

Diese Diskussion sollte die gesamte Branche interessieren, denn es sind davon über kurz oder lang nicht nur die Onlinemedien und ihre Agenturen betroffen. Es werden sich sehr schnell Wege finden lassen, die in der Onlinewerbung gewonnen Ideen auch in anderen Mediengattungen wie IPTV zu übertragen, beziehungsweise werden andere Leistungen (zum Beispiel die Kreation) dann auch sehr schnell dem CPx-Gedanken untergeordnet. Dies passiert in der Onlinewerbekreation schon heute. (Matthias Stöcher/23.4.2009)