Hubert Pehamberger ist Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien am Allgemeinen Krankenhaus. Er ist ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der Hautkrebs und organisiert den Weltkongress für Dermato-Onkologie, der vom 12. bis 16. Mai 2009 in der Hofburg in Wien stattfindet.

 

Foto: Hubert Pehamberger

derStandard.at: Bei kaum einer Krebserkrankung wird so viel Aufklärungsarbeit wie beim Hautkrebs geleistet. Trotzdem steigen die Zahlen an Neuerkrankungen dramatisch. Warum?

Pehamberger: Weil zum einen Aufklärung nicht die Inzidenz, sondern die Prognose beeinflusst. Ziel der Aufklärung ist es den Hautkrebs frühzeitig zu erkennen. Dass die Menschen darauf in den letzten Jahren durchaus reagiert haben, beweisen die Zahlen. Vor 30 Jahren noch lag die 10 Jahres-Überlebensrate beim malignen Melanom bei 50%. Heute liegt sie bei 80-90%. Diese Verbesserung ist ausschließlich der Erfolg der Früherkennung. Natürlich hängt die Inzidenzzunahme aber auch vom Sonnenverhalten ab.

derStandard.at: Der Umgang mit der Sonne ist folglich derselbe geblieben?

Pehamberger: Die Bräunungsgeschichte ist einfach eine Intelligenzfrage und „Farbe schinden" ist leider auch heute noch angesagt. Ich propagiere ja nicht, die Sonne völlig zu meiden oder dass niemand mehr eine gesunde Farbe haben darf, aber ein vernünftiger Umgang wäre schon wünschenswert. Im Grunde ist das Braunwerden eine natürliche Schutzfunktion der Haut. Das auftreffende UV-Licht regt die Melaninbildung in den Pigmentzellen an und schützt die Haut auf diese Weise vor weiteren Sonnenbränden. Diese Bräune ist aber eben auch ein Indikator, der anzeigt wie viel Sonne die Haut abbekommen hat. Wer zuviel sonnenbadet, der muss auch damit rechnen, dass seine Haut davon Schaden nimmt und die Hautalterung massiv beschleunigt wird.

derStandard.at: Wenn wir vom Hautkrebs sprechen, denn denkt die Allgemeinbevölkerung an den schwarzen Hautkrebs, das Melanom - eigentlich der selteneren Form der bösartigen Hauttumore. Warum findet der weiße Hautkrebs weniger Beachtung?

Pehamberger: Es stimmt, dass das maligne Melanom verglichen mit den Nicht-Melanom-Hautkrebsarten wesentlich seltener vorkommt. Konkret erkranken in Österreich jährlich 2000 Menschen am schwarzen Hautkrebs und fast 30.000 an dem weißen. Das maligne Melanom ist aber aufgrund seiner Gefährlichkeit so bekannt geworden. Plattenepithelkarzinome und Basalkrebskarzinome werden in ihrer Gefährlichkeit dagegen gerne unterschätzt.

derStandard.at: Was macht diese Nicht-melanom-Karzinome gefährlich?

Pehamberger: Die Gefährlichkeit beim weißen Hautkrebs muss man wesentlich differenzierter betrachten. Basalzellkarzinome können ganz harmlos sein, indem sie oberflächlich wachsen, oder aber sie sind sehr aggressiv, wachsen destruktiv und zerfressen ganze Gesichtshälften. Beim Plattenepithelkarzinom wiederum gibt es ein Frühstadium, die so genannte aktinische Keratose. Dieses Carcinoma in situ kann auch invasiv wachsen und dann sogar als Plattenepithel-Karzinom Tochtergeschwülste bilden. Nur eben nicht so häufig wie es beim malignen Melanom der Fall ist.

derStandard.at: Die Empfehlung lautet immer die eigene Haut zu beobachten. Beim schwarzen Hautkrebs sind die Kriterien für eine auffällige Läsion mittlerweile bekannt. Wie erkennt man den weißen Hautkrebs?

Pehamberger: Hier empfiehlt sich ein regelmäßiges Hautscreening beim Dermatologen. Eine Eigenkontrolle macht aber trotzdem Sinn, denn prinzipielle Veränderungen an der Haut kann man selbst am besten wahrnehmen.

derStandard.at: Ist Hautkrebs für den Dermatologen eine Blickdiagnose?

Pehamberger: 100-prozentige Sicherheit bringt nur die histologische Diagnose. Es gibt aber viele Situationen wo wir Dermatologen uns auf die klinische Diagnose verlassen. Mit Hilfe des Auflichtmikroskops ist eine Beurteilung der Läsion und Verbesserung der Diagnose durchaus möglich. Entscheiden wir uns aber dafür eine Hautveränderung operativ zu entfernen, dann wird im Anschluss immer eine Histologie gemacht.

derStandard.at: Was ist die Alternative zur Operation?

Pehamberger: Beim malignen Melanom gibt es keine Alternative. Bei den aktinischen Keratosen werden einzelne Läsionen kryotherapeutisch, mit Kälte, behandelt. Wenn die Läsionen multipel auftreten, dann stehen uns seit kurzem auch Salben zur Verfügung. Davon ausgehend, dass sich in der klinisch unauffälligen Umgebung der aktinischen Keratose, immer noch genetische Veränderungen finden, wird mit der Salbe eine Flächenbehandlung gemacht, das heißt die Umgebung wird gleich mit behandelt. Auch bei oberflächlichen Basalzellkarzinomen ist diese Therapie heute üblich.

derStandard.at: Welche Substanzen werden verwendet?

Pehamberger: Es gibt zwei verschiedene Präparate. Das eine ist eine Kombination aus Diclofenac und Hyaluronsäure und das andere enthält Imiquimod, eine Substanz, die auch zur Behandlung von Warzen verwendet wird. Mit Imiquimod wurden auch schon knotige Basalzellkarzinome zur Rückbildung gebracht. Entscheidend ist bei der Salbentherapie immer, dass der Patient compliant ist.

derStandard.at: Welche Highlights darf man sich beim Weltkongress für Dermato-Onkologie, der im Mai in Wien stattfindet, erwarten?

Pehamberger: In der Therapie des metastasierenden Melanoms sind neue viel versprechende Substanzen auf den Markt gekommen. Es handelt sich hier um zielgerichtete Therapien, die in großen Studien geprüft werden. Die Highlights dazu werden auf dem Kongress präsentiert werden. Weiters werden neue Diagnosetools, Aufklärungsstrategien und Grundlagenerkenntnisse von mehr als 1000 Teilnehmern diskutiert werden. (derStandard.at, Regina Philipp, 05.05.2009)