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Ein Eisenbahnwagon geht in Flammen auf. Im indischen Bundesstaat Punjab "reagierten" aufgebrachte Sikhs auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Wien.

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Sicherheitskräfte gehen gegen Demonstranten vor. Ausgangssperren werden verhängt.

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Brennende Autos in der nordindischen Stadt Jalandhar

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Neu-Delhi/Wien - Nach der Schießerei vom Sonntag in Wien kam es am Montag im indischen Bundesstaat Punjab zu schweren Ausschreitungen. Zwei Menschen starben, als die Sicherheitskräfte gegen Demonstranten vorgingen.

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Jalandhar - Im15. Wiener Gemeindebezirk wird ein Guru der Religionsgruppe der Sikhs erschossen. Nur Stunden später kommt es zu schweren Ausschreitungen im indischen Bundesstaat Punjab: Autos, Busse, Zugwagons brennen. Anhänger von offenbar rivalisierenden Gurus rennen aufgebracht durch die Straßen. Die indische Armee eröffnet ziemlich schnell das Feuer. In dem Dorf Lambra, etwa 30 Kilometer der Stadt Jalandhar entfernt stirbt eine Person in dem Kugelhagel. Auch in Jalandhar mit seinen 800.000 Einwohnern verwenden die Sicherheitskräfte scharfe Munition. Ein Mensch wird in der Nähe des Bahnhofs getötet. 15 brandneue Hyundais gehen in einem Autohaus in Flammen auf.

Kastenzugehörigkeit

Im Punjab wie in Wien geht es offenbar um einen Konflikt zwischen Anhängern der Hauptströmung der Religionsgemeinschaft und den Anhängern des Gurus Ravi von der Gruppe "Dera Sachkhand" . Zwei Gurus dieser Glaubensströmung waren am Sonntag in Wien verletzt worden. Im Ö1-"Mittagsjournal" sagte die Religionsphilosophin Ursula Baatz am Montag, der Konflikt gehe von einer Lederfabrik im Punjab aus. Die Gurus, die in Wien auf Besuch waren, kämen aus einem Tempel, der von Lederarbeitern, die zur Kaste der Unberührbaren (Dalits) gehörten. Ihre Verehrung stoße aber unter Sikhs der oberen Kasten auf Widerstand.

In der Nacht auf Montag wurden öffentliche und private Gebäude im Punjab angegriffen. Die Polizei erließ in den Bezirken Jalandhar, Ludhiana, Phagwara und Hoshiarpur Ausgangssperren. Nachdem die Führung der Gruppe "Dera Sachkhand" zum Streik aufgerufen hatte, blieben viele Geschäfte am Montag geschlossen. Einige Straßen und Eisenbahnnetze waren am Montag blockiert, nachdem Randalierer Autos und Züge schwer beschädigt hatten. In den Städten Phagwara und Adampur attackierten Demonstranten und Busse mit Steinwürfen. In Jalandhar und Hoshiarpur gingen zwei Lastwagen und eine Bank in Flammen auf.

Auch die Expansionspläne des US-Einzelhandelsriesen Wal-Mart in Indien wurden durch den Vorfall in Wien durchkreuzt. Wal-Mart wollte am Dienstag seinen ersten Großmarkt auf dem Subkontinent eröffnen, doch nun wurde der Start auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Armee stand am Montag in Alarmbereitschaft und wurde in bestimmte Bezirke des Punjab geschickt. 60 Prozent der Bevölkerung des Punjab sind Sikhs, etwa ein Drittel Hindus.

Die Schießerei in Wien schlug auch Wellen in der indischen Politik. Der Regierungschef des Punjab, Parkash Singh Badal, verurteilte den Angriff in Wien als "Frevel an der Menschlichkeit" . "Wir dürfen niemandem erlauben, die schwer erkämpfte Atmosphäre des Friedens, der Freundschaft und der Einheit und Brüderlichkeit in Punjab zu beeinträchtigen" , unterstrich Parkash.

Es ist nicht das erste Mal, dass die indische Armee mit voller Härte gegen Sikhs vorgeht:Von 1981 an kämpften radikale Gruppen für einen unabhängigen Sikh-Staat. Der Aufstand wurde gewaltsam niedergeschlagen. Im Juni 1984 stürmte die Armee den von militanten Sikhs besetzten Goldenen Tempel in Amritsar. 30 Sikhs starben damals. Am 30. Oktober 1984 wurde Ministerpräsidentin Indira Gandhi von Sikh-Leibwächtern ermordet. Danach kam es zu Ausschreitungen gegen Sikhs in Neu-Delhi, bei denen etwa 2000 Menschen getötet wurden.

Obwohl in Indien nur zwei Prozent der Bevölkerung Sikhs sind, stellen sie 20 Prozent der Armeeoffiziere. (red, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 26.5.2009)