Bild nicht mehr verfügbar.

Inode-Günder Gredenberg und Augustin verwalten nun mit Tigris ihr Kapital.


Die besten Sager:

 

„Das Festnetz hat seinen Zenit überschritten"

 

„Der Grund, weshalb wir TA-Aktien halten"

 

„Wir hatten es nach 10 Jahren satt"

 

„Ich steh dazu, auch wenn ich da jetzt jeden derStandard.at-Leser vor den Kopf stoße, dass ich den Neoliberalismus toll finde."

 

„Tele2 ist eh schon tot."

 

 

"Österreich ist gar nicht so schlecht, wie man meint."

 

"Berlin ist das London der Zukunft"

 

„Das iPhone ist sicherlich so revolutionär wie einst das Internet."

 

"Wenn Apple so weiter macht, werden die in 5 bis 10 Jahren genauso ein Kartellrechtsproblem haben, wie Microsoft"

 

„Microsoft ist so langweilig wie das Festnetz"

APA/JOSEF SCHUSTER

1996 gründeten die motivierten Twens Michael Gredenberg und Peter Augustin den Internet-Provider Inode. Nach 10 Jahren folgte der Verkauf an UPC. Heute, Anfang 30 verwalten sie ihr Kapital, investieren in "sichere" Aktien und Immobilien und Private-Aviation. Weshalb sie damals ausgestiegen sind, ob ein "Inode 2" denkbar wäre, warum Microsoft und das Festnetz langweilig sind, weshalb es in den USA ihnen vielleicht besser ergangen wäre und Österreich doch nicht so schlecht ist und weshalb das iPhone so revolutionär wie das Internet selbst ist. "Wir hatten es nach 10 Jahren satt", so das Duo im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

derStandard.at: Wenn es nach Ihnen geht, woran sollen die Leute denken, wenn sie heute über Inode sprechen – an das Inode von damals oder das Inode von heute?

Gredenberg: Wir sind da relativ emotionslos. Es ist klar, dass Inode nicht mehr ist, was es einmal war.

derStandard.at: Wie sehen Sie das Erbe von Inode von UPC verwaltet?

Gredenberg: Als UPC damals Inode übernommen hatte, dachten wir wirklich, sie würden es besser machen. Sie haben sich fest vorgenommen es besser zu machen, als alle anderen Unternehmen, die andere Firmen übernehmen. Aber das ist bis jetzt eigentlich nie gut gegangen.

Augustin: Was man so hört, sind sie fabulos gescheitert.

derStandard.at: Man hört immer wieder, dass die Kunden heute weniger zufrieden sind...

Gredenberg: Zumindest die Zufriedenheit von jenen Kunden, die wir kennen, hat sehr nachgelassen.

Augustin: Für viele ehemalige Kunden, die wir treffen, war es ein Grund zur Telekom zu gehen.

Gredenberg: Den Namen Inode gibt es jetzt auch nicht mehr. Wir sehen das aber trotzdem recht emotionslos. Wir haben damit nichts mehr zu tun, außer, dass wir selbst noch Kunden sind.

derStandard.at: Trotz allem?

Gredenberg: Beruflich nicht, aber privat schon noch.

Augustin: Noch. Bei uns läuft es ja, daher sind wir nicht unbedingt in Wechselstimmung. Sonst würden wir auch umsteigen.

derStandard.at: Warum sind Sie damals eigentlich ausgestiegen?

Gredenberg: Das war genau der richtige Zeitpunkt.

Augustin: Das war der beste Exit-Point ever.

Gredenberg: Vielleicht wäre es ein Jahr drauf noch besser gewesen, da sind zumindest noch die Finanzmärkte gut gegangen. Aber 2007 ist es schon rumpelig geworden.

derStandard.at: War das eine rein finanzielle Entscheidung oder hatten Sie das Geschäft satt?

Augustin: Das war beides der Fall. Wir hatten es nach 10 Jahren satt und wir wussten auch nicht mehr, was noch kommen sollte.

Gredenberg: Wenn dann hätte man noch Mega-Investitionen in den Mobilfunk machen können, aber da hat man wenige Chancen.

Augustin: Dann hätte man sich mit „3" um die günstigsten Gigabyte-Tarife am Handy schlagen können.

derStandard.at: Und was war 1996 Ihre Motivation Inode zu gründen?

Gredenberg: Da war genau das Gegenteil der Fall.

Augustin: Das Thema war brandneu und es hat uns heiß interessiert. Es war gutes Geld damit zu verdienen. Es war 1996 genauso gut damit zu beginnen, wie 2006 damit aufzuhören.

derStandard.at: Wie sehen Sie die Provider-Landschaft heute, aus sicherer Entfernung?

Gredenberg: Im Vergleich zu früher ist es langweilig geworden. Im Prinzip hat es die Telekom Austria (TA) jetzt sehr leicht. Es gibt eigentlich keine Konkurrenzfirma mehr. Das ist auch der Grund, weshalb wir privat TA-Aktien halten. Die anderen sind genauso unbewegliche Moloche geworden, wie die TA. Selbst wenn die Regulierer, was man zurzeit aber nicht merkt, etwas verschärfen würden, hätte die TA beste Chancen. Da ich glaube, dass das Geschäft sonst niemanden mehr interessiert. Der Wettbewerb findet im Mobilfunk statt. Im Festnetz hat es seit Jahren keine Produktinnovationen gegeben.

derStandard.at: Es wird immer schneller...

Augustin: Das ist keine Innovation.

derStandard.at: Was halten Sie von den Kombipaketen, wo Internet, Telefonie und Fernsehen unter einen Hut gebracht wird?

Gredenberg: Das war zu unserer Zeit schon absehbar.

Augustin: Eine andere Möglichkeit haben sie ja nicht. Damit fangen sie den Festnetz-Schwund ein bisschen ab. Aber das Festnetz hat seinen Zenit einfach schon überschritten.

Gredenberg: Das wichtigste aus Sicht der Kunden war, nach der Minuten- und Volumen-Abrechnung, die Einführung der Flatrate. Mittlerweile ist alles flat. Und jetzt, was bringt es, wenn man statt 10 oder 20 Mbit/s 100 Mbit/s hat. Das nützt eh niemand.

derStandard.at: Glauben Sie dann, dass die Investitionen ins Glasfasernetz umsonst sind?

Gredenberg: Also gerade weil wir uns mit dem Finanzmarkt beschäftigen, muss ich sagen, dass ich mich es nicht trauen würde, diese Investitionen zu machen. Ich glaube nicht, dass dabei eine ordentliche Rendite herausschaut.

derStandard.at: Als Verbindungsstelle bleibt das Festnetz dennoch wichtig.

Gredenberg: Sie meinen als Backbone. Deshalb meinte ich auch, dass die TA die besten Voraussetzungen hat. Ihr gehört das Festnetz. Sie haben bereits alle Verrohrungen für Glasfaser. Die Verkabelung jedes Privathaushalts dürfte sich aber nicht rechnen.

Augustin: Bislang ist Fiber ein Nischengeschäft, das sich nur für kleine Anbieter rechnet.

Gredenberg: Wenn man etwa einen ganzen Bürokomplex verkabelt.

Augustin: Oder wenn eine Firma bereit ist die Grabung zu zahlen. Dann läufts. Dass man das so breit aufstellt, wie DSL, ist auszuschließen.

derStandard.at: Weil Sie gesagt haben, dass die Telekom Austria den ganzen Markt für sich hat, was wird aus UPC?

Gredenberg: Zwei oder drei werden schon übrig bleiben.

derStandard.at: Sehen Sie ein Scheitern der Regulierer?

Gredenberg: Naja, das haben wir damals schon gesehen. Ich glaube, dass das Thema schlicht unwichtiger geworden ist. Heute ist der Markt uninteressant. Damals hätte man diese Konsolidierung vielleicht noch verhindern können. Aber das war ja voraussehbar und offensichtlich gewollt.

derStandard.at: Würden Sie sich heute für ein Inode 2 begeistern können – vielleicht im Mobilfunk-Markt?

Gredenberg: Im Telekom-Bereich machen wir nichts mehr. Man sitzt jetzt auf der anderen Seite und aus Investoren-Sicht ist es nicht uninteressant. Von den Telekommunikations-Aktien, die wir uns ausgesucht haben, sind eigentlich nur Quasi-Monopolisten vertreten.

derStandard.at: Auf der sicheren Seite.

Augustin: Die sind mittlerweile in der Kategorie Putzmittelhersteller. Es ist ein sicheres Geschäft, aber stink langweilig. Von denen wird auch sicher keiner mehr sterben.

Gredenberg: Und ich bekomme mehr Rendite, als beim Sparbuch.

Augustin: Im Februar war es vielleicht auch so, dass man sein Geld lieber der TA borgt, als einer Bank. (lacht)

derStandard.at: Was haben Sie sonst mit dem Geld gemacht, das Sie durch die Übernahme erhalten haben?

Gredenberg: Privat haben wir es insofern genutzt, dass wir uns ein Haus in der Schweiz gekauft haben.

derStandard.at: Aus steuerlichen Gründen?

Gredenberg: Das hat nichts mit Steuern zu tun, sondern mit dem Wetter am Lago Maggiore. (lacht) Das war es im Prinzip, was wir uns gegönnt haben.

derStandard.at: Sie sind beide auch auf Weltreise gegangen. Was haben Sie davon mitgenommen?

Gredenberg: Sehr viel.

Augustin: Dass Österreich gar nicht so schlecht ist, wie man meint. (lacht) Nein, aber das eröffnet einem schon Mind and Body, wenn man sieht, was man hier hat.

derStandard.at: Und beruflich?

Gredenberg: Geschäftlich gesehen sind die USA schon besser.

Augustin: Wir hätten dort sicher nicht 300 Mitarbeiter gehabt, sondern vielleicht 3.000. Wir wären jetzt vielleicht nicht Millionäre sondern Milliardäre.

Gredenberg: Also jetzt übtreibs nicht... (lacht)

Augustin: Es herrscht dort aber eine Geisteshaltung vor, wonach man, wenn man bereit ist von Montag bis Sonntag Business zu machen, extrem viel weiterbringen kann.

Gredenberg: In Österreich werden einem schon Klötze in den Weg gelegt.

derStandard.at: Vom Staat?

Gredenberg: Die ganzen Ämter und diese Sachen. Generell, dass man um Wettbewerb überhaupt kämpfen muss. Ich steh dazu, auch wenn ich da jetzt jeden derStandard.at-Leser vor den Kopf stoße, dass ich den Neoliberalismus toll finde.

derStandard.at: Trotz Finanzkrise?

Gredenberg: Ja. Ich finde auch nicht okay, dass es so große Staatshilfen gegeben hat. Da hätten ruhig ein paar Banken einstürzen sollen. Ein reinigendes Gewitter. Und es wird immer Übertreibungen geben. Die wird man auch nicht durch die Abschaffung der Märkte beseitigen können.

Augustin: Angst und Gier. Das werden wir sicher noch zehnmal erleben.

Gredenberg: Man muss sich schon die Vorteile vom freien Markt vor Augen halten und dann wie das bei unserem Telekom-Markt gelaufen ist. Jetzt gibt es trotz Regulierung gerade noch die TA, UPC und Tele2 vielleicht noch...

derStandard.at: ...Tele2 will die längste Zeit schon gekauft werden.

Augustin: Tele2 ist eh schon tot.

Gredenberg: Bei den Nischenanbietern gibt es noch Silver Server, die aber auch schon kämpfen, was man so hört.

derStandard.at: In den USA gibt es auch nur wenige Große, abseits von AT&T.

Augustin: Der Markt ist dort sicher auch schon stagniert. Aber in der Zeit, wie wir Inode aufgebaut hatten, hätten wir dort sicher weit mehr erreichen können. Das liegt natürlich an der Größe des Landes und an der Einstellung, aber auch daran, dass die Kapitalmärkte dort offen sind.

Gredenberg: Auch, dass wir beispielweise Privat-Equity nehmen mussten, als Inode so gewachsen ist. Ich bin mir sicher, wir hätten in den USA in dieser Situation bereits einen Börsegang machen können. Und im Nachhinein muss ich sagen, dass es für ein Unternehmen sicher besser ist, wenn es an die Börse geht, als wenn es solche „Haie" an Bord nimmt.

Augustin: Die paar Privat-Equity-Geber die es in Österreich gibt, sind ziemlich halbseiden. Das muss man halt nur tun, wenn man in so einer beschissenen Lage ist, wie wir es 2004 waren. Offene Kapitalmärkte fehlen in Europa daher wirklich.

derStandard.at: Mit der Tigris verwalten Sie jetzt selbst ihr Kapital.

Gredenberg: Das ist eines unserer Standbeine. Ein zweites ist, dass wir stark in Immobilien investieren, mit Schwerpunkt Berlin und dort vor allem in Zinnshäuser. Wien ist einfach zu teuer geworden und birgt daher einige Risiken.

Augustin: In Berlin herrscht eine Aufbruchsstimmung. Da ist kein bescheuerter Finanzplatz, dort herrscht Kreativität und es wird auch noch was gearbeitet. Wenn man extrem positiv denkt, ist es das London der Zukunft.

derStandard.at: Gibt es auch etwas Neues aus unternehmerischer Sicht?

Gredenberg: Wir betreiben seit Kurzem, weil es uns persönlich sehr interessiert, ein Flugzeug. Ein kleiner Jet. (Anm.: Hawker 400XP) Man fängt klein an.

Augustin: Das ist eine aufstrebende Branche. Mich erinnert das Private-Aviation-Business ein bisschen an das Internet der Anfänge. Es läuft in dem Geschäft fast niemand herum, der älter als 30 ist – da sind wir schon die Ältesten, von der Betreiberseite. Jeder ist extrem motiviert. Da kann man Leute noch am Sonntagabend anrufen, um sie etwas zu fragen.

derStandard.at: Die größeren Fluggesellschaften gehen eine nach der anderen ein. Profitieren Sie von der Krise?

Gredenberg: Das hat uns natürlich sehr begünstigt. Dadurch konnten wir einen Flieger günstig kaufen und für den Bedarfsflug bereitstellen. Fünf bis acht Personen kann man damit kreuz und quer durch Europa fliegen. Wir fangen aber gerade erst damit an.

Das wäre es aber im Großen und Ganzen mit unseren Standbeinen. Nebenbei entwickeln wir noch ein Handelssystem für Aktien-Optionen.

derStandard.at: Und was ist mit dem Mobilfunkmarkt?

Gredenberg: Interessieren tut er uns sehr, aber machen wollen wir nichts mehr. Was hier wirklich heraussticht ist das iPhone. Es ist unglaublich, welche Möglichkeiten das eröffnet hat.

Augustin: Das iPhone ist sicherlich so revolutionär wie einst das Internet. Das wird die Gesellschaft umdrehen. Wie wir arbeiten, leben – da hat Apple eine neue Schneise geschlagen.

derStandard.at: Hat das iPhone erst das Internet für die Hosentasche ermöglicht?

Gredenberg: Jedes Handy, das wir davor hatten, war unbrauchbar dafür. Man sieht es auch auf der Straße, jeder hat ein iPhone und jeder weiß vor allem es zu benutzen. Absurd eigentlich, dass vorher noch niemand auf die Idee gekommen ist, einen AppStore zu machen. Da gibt es wirklich nützliche Anwendungen.

Augustin: Man glaubt gar nicht was man mit einer Spenderleber alles machen kann (lacht). Im ernst, mich wundert, dass das alles so gut klappt. Der Output von Apple ist sensationell. Das ist sicher DAS Unternehmen in der IT-Branche zurzeit.

Gredenberg: Die Aktie ist trotzdem schon zu teuer.

Augustin: Meine Prediction ist, dass wenn Apple so weiter macht, werden die in 5 bis 10 Jahren genauso ein Kartellrechtsproblem haben, wie Microsoft. Die haben einen Dampf drauf, da kann keiner mehr mit.

derStandard.at: Und Microsoft?

Augustin: Um das Interview rund abzuschließen: Microsoft ist genauso langweilig geworden, wie das Festnetz. Ein irrelevanter Player.

Gredenberg: Sie verdienen immer noch gutes Geld. Deshalb haben wir auch Microsoft-Aktien und keine Apple-Aktien.

Augustin: Geld allein ist nicht alles. Wenn man was weiterbringen möchte, ist man bei Microsoft schlecht aufgehoben.

Gredenberg: Aber es verdient Geld.

Augustin: Eben, wie das Festnetz.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 20.9.2009)