Die SPÖ lässt Teile des ORF-Publikumsrats im Jänner 2010 erneut wählen. Die ÖVP hat dem SPÖ-Parlamentsklub am Donnerstag einen Initiativantrag übermittelt, mit dem diese die Funktionsperiode von Publikums- und Stiftungsrat um ein halbes Jahr verlängern wollte, um den bei der geplanten ORF-Reform erwarteten Adaptierungen der ORF-Gremien nicht vorzugreifen. "Wir sehen keine Notwendigkeit für eine derartige Verlängerung und haben das abgelehnt", sagte Peter Pertl, Sprecher von SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Die Wahl findet somit statt, und bei den ORF-Gremien bleibt vorerst alles beim Alten. Die SPÖ dürfte sich so die absolute Mehrheit im entscheidenden ORF-Stiftungsrat sichern.

Auch Medien-Staatsekretär Josef Ostermayer lehnt ein Auslaufen der Publikumsrats-Direktwahl ab. Laut Ostermayer-Sprecher Marcin Kotlowski soll die Wahl "so wie bisher durchgeführt werden - allerdings mit geringeren Kosten und den bewährten Elementen". Gemeinsam mit dem ORF überlege die SPÖ, wie man die Wahl so kostengünstig wie möglich gestalten könne. Die Kosten sollen laut Medien-Staatsekretariat jedenfalls unter einer Million Euro liegen. Zuletzt kostete das teure Fax-Wahl-Verfahren den ORF über eine Million Euro.

Die Causa Gremien-Beschickung erhitzte am Donnerstag auch die Gemüter der ORF-Stiftungsräte. Während sich die Mitglieder des ÖVP-"Freundeskreises", allen voran Franz Medwenitsch, bei einer Sitzung des obersten ORF-Aufsichtsgremiums für die Abschaffung der Wahl aussprachen, plädierte Karl Krammer, Leiter des roten "Freundeskreises", für das Abhalten der Wahl: "Ich bin dafür, dass das geltende Gesetz und die Fristen eingehalten werden."

Krammer: Kostengünstige Wahl per Fax oder E-Voting

Laut Krammer müsse die Wahl aber so kostengünstig wie möglich über die Bühne gehen. Er könne sich zusätzlich zur Fax-Wahl ein gesichertes E-Voting vorstellen. Laut ORF-Kommunikationschef Pius Strobl sei das allerdings eine kostspielige Methode, da dabei nur wählen könne, wer über eine Bürgerkarte verfügt. Von denen seien aber allenfalls 100.000 im Umlauf. Bei den unlängst durchgeführten Hochschülerschaftswahlen sei E-Voting nicht erfolgreich gewesen. Die Wahl habe 900.000 Euro gekostet, nur 2.161 Stimmen wurden abgegeben, so Strobl.

Rabl-Stadler: "Die Wahl gehört abgeschafft"

Für Medwenitsch ist ein "Technologieunternehmen, das 2010 noch eine Faxwahl durchführt, antiquiert". "Die Wahl gehört abgeschafft", fand auch Helga Rabl-Stadler. Sogar der Publikumsrat habe sich kritisch gegen die Fortführung der Wahl ausgesprochen und das in einem Brief an die Klubobleute im Parlament festgehalten. Laut Rabl-Stadler trage diese Wahl kaum zur Demokratie bei. 2001 lag die Wahlbeteiligung bei 2,6 Prozent, vor vier Jahren - nach massiver Mobilisierung - bei "fetten 5,5 Prozent", gab die dem VP-"Freundeskreis" zugerechnete Stiftungsrätin zu bedenken.

Diese Entscheidung über die Abhaltung der Publikumsratswahl liegt freilich beim Gesetzgeber. "Der ORF fühlt sich selbstverständlich an das geltende Gesetz gebunden und wird seiner gesetzlichen Verpflichtung auf Punkt und Beistrich nachkommen", betonte ORF-Kommunikationschef Strobl. "Wir hoffen auf eine möglichst hohe Beteiligung des interessierten Publikums und werden alles in unserer Macht stehende dazu beitragen. Die Wahlvorbereitungen im ORF sind bereits angelaufen. Die Wahl wird innerhalb der vorgegebenen Fristen über die Bühne gehen."

Bleibt bei der Fax-Wahl für den Publikumsrat und der Bestellung der ORF-Gremien alles wie gehabt, wird die SPÖ im nächsten Jahr sowohl im ORF-Publikumsrat als auch im Stiftungsrat die absolute Mehrheit holen. Die SPÖ könnte dann bei der nächsten ORF-Wahl im Jahr 2011 den ORF-Generaldirektor und dessen Geschäftsführung quasi im Alleingang bestellen. (APA)