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Josef Friedl (65) leitet seit mehr als 30 Jahren die Pfarre im oberösterreichischen Ungenach.

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Im Fall Zogaj habe er bis zuletzt auf eine menschliche Lösung gehofft.

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STANDARD: Arigona Zogaj und Ihrer Familie droht die Abschiebung. Haben Sie mit dieser Härte vonseiten der politisch Verantwortlichen gerechnet?

Friedl: Nein. Eigentlich habe ich bis zuletzt auf eine menschliche Lösung gehofft.

STANDARD: Von hoher kirchlicher Seite waren klare Worte im Fall Zogaj die Ausnahme. Warum hat die katholische Kirche ihre Pflicht, für Barmherzigkeit einzutreten, so grob vernachlässigt?

Friedl: Man hat sich halt gedacht ‚der Pfarrer Friedl wird's schon richten, da verbrennen wir uns selber nicht die Finger‘. Ich habe klare Worte etwa des Bischofs vermisst. Aber es ist eben heutzutage so: Die Kirche rührt sich bei wichtigen Fragen kaum.

STANDARD: Aber wäre es nicht die Pflicht der Kirche, gerade in solchen Fällen den moralischen Zeigefinger zu heben?

Friedl: Mit Sicherheit, denn schon in der Heiligen Schrift steht ‚Ich war fremd und Ihr habt mich aufgenommen" . Dem kann man sich nicht entziehen - schon gar nicht als kirchlicher Amtsträger. Manche haben aber leider die Rücksichtnahme der Politik gegenüber in den Vorder- und die Botschaft in den Hintergrund gestellt.

STANDARD: Hartnäckig halten sich die Gerüchte, es hätte in Zusammenhang mit Ihnen als engem "Arigona-Vertrauter" politische Interventionsversuche vonseiten der ÖVP beim Kardinal gegeben. Was ist da dran?

Friedl: Dazu sage ich gar nichts. Als Pfarrer bin ich doch der Verschwiegenheit verpflichtet. Außerdem bringen diese Fragen doch nichts. Die ÖVP hat auch abgestritten, mit mir damals, als die Arigona untergetaucht ist, Kontakt aufgenommen zu haben. Dabei hat dem damaligen Innenminister Günther Platter der Apfelstrudel beim mir im Pfarrhof ganz hervorragend geschmeckt.

STANDARD: Werden Sie persönlich jetzt wieder mehr in den Vordergrund treten und sich für die Familie Zogaj stark machen?

Friedl: Nein, sicher nicht. Wenn man mich fragt, antworte ich - sonst möchte ich im Hintergrund bleiben. Ich habe die Familie Zogajs jetzt zwei Jahre ernährt, und das werde ich auch weiterhin tun. Wenn Menschen in Not sind, kann ich nicht einfach zusehen. Aber ich brauche das Rampenlicht nicht.

STANDARD: Wie beurteilen Sie generell die Entwicklung der Fremdenpolitik in Österreich?

Friedl: Sehr schlimm. Es ist leider gelungen, wieder so eine Sündenbock-Mentalität zu schaffen. Es ist brutaler und härter geworden. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD - Printausgabe, 13. November 2009)