Wien - Sie kann höhere ORF-Gebühren ablehnen. Vom Küniglberg zu hohe Gebühren zurückverlangen. Sie kann der Anstalt neue Onlinedienste verbieten, bestehende hinterfragen, zumindest als erste Instanz. Die künftige Medienbehörde KommAustria wird zum Machtfaktor der Medienpolitik. Personalpoker inklusive.

Die erste Karte deckt VP-Klubchef Karlheinz Kopf auf STANDARD-Anfrage nach Wunschkandidaten auf. "Ich glaube, Ogris macht das gut." Michael Ogris leitet die Medienbehörde heute. Kanzler Wolfgang Schüssel bestellte ihn 2004, Werner Faymann verlängerte ihn 2009. Weitere Kandidaten nennt Kopf nicht.

Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SP): "Da ist noch alles offen." Bei den TV-Gesetzen zeigte die SP, wie wichtig ihr ORF-relevante Personalia sind: Als sie entdeckte, dass sie so dort auf die absolute Mehrheit zusteuert, wollte sie an ORF-Gremien nichts mehr ändern. Der Rechnungshof forderte einen kleineren Aufsichtsrat.

Fünf Juristen bilden die künftige Medienbehörde. Ihren Chef und Vize wählen sie nicht. Die Regierung schlägt auch die Funktionen vor, der Präsident bestellt. Laut Erläuterungen zum Entwurf sind zwei Senate "nicht unrealistisch"; denkbar: ORF und Privatfunk. Was künftig Senate entscheiden: Liste unten.

Von Ogris' Bewerbung ist auszugehen, er will sich vorerst nicht äußern. Als roter Kandidat gilt August Reschreiter. Der Kabinettchef von Ministerin Doris Bures fällt aber unter die Unvereinbarkeitsklausel.

Brutto 7341 Euro monatlich für den Vorsitzenden, 5000 für die Übrigen dürften etwa den Bürgerlichen Alfred Grinschgl nicht locken. Der Jurist führt die Rundfunk- und Telekomregulierung (RTR), den Geschäftsapparat der Medienbehörde, der TV-Förderungen vergibt.

Mitglieder des übergeordneten Bundeskommunikationssenats wie WU-Vizerektor Michael Holoubek dürfte die Behörde kaum reizen. Das müsste auch für Mattias Traimer und Michael Kogler von der Medienabteilung des Kanzleramts gelten, die Rundfunkgesetze formulieren und kommentieren (Rundfunkrecht, Verlag Medien &Recht). Schon realistischer: ihr Koautor Michael Truppe. Exkollege Patrick Segalla, lange für EU und ORF zuständig, fällt als Mitarbeiter des Finanzministers unter die Politklausel. Als Kandidaten gelten Medienbehördenjurist Klaus Kassai und Martina Szüsz, Leiterin der RTR-Abteilung Rundfunkrecht.

Den ORF freute wohl Doris Hildebrand. Die aus Österreich stammende Beraterin gutachtete für deutsche öffentlich-rechtliche Anstalten, die auch den Mehrwert ihrer Angebote nachweisen müssen. RTR-Experten haben Expertisen Hillebrands zerpflückt.

Doch erst muss sich die Opposition begeistern lassen, für eine weisungsfreie Behörde mitzustimmen. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2009)

Auf Seite 2: Liste - Was Senate entscheiden müssen (Entwurf), was einzelne dürfen und wer nicht in die Medienbehörde darf - Unvereinbarkeitsregeln laut Gesetzesentwurf

Medienbehörde: Was Senate entscheiden müssen (Entwurf), was einzelne dürfen

"(3) Folgende Angelegenheiten sind jedenfalls durch Senate zu erledigen:
1. Zuordnungs- und Zulassungsverfahren nach dem PrR-G, BGBl. I Nr. 20/2001, und nach dem AMD-G, BGBl. I Nr. 84/2001, sofern es sich um Mehrparteienverfahren handelt;
2. Verfahren zur Mitbenutzung von Sendeanlagen;
3. Rechtsaufsicht über Rundfunkveranstalter, Multiplex-Betreiber und anzeigepflichtige Dienste, mit Ausnahme der Aufgaben hinsichtlich der Einhaltung der Werbebestimmungen (§ 2 Abs. 1 Z 7);
4. Verfahren aufgrund von Beschwerden (§ 25 PrR-G, § 61 AMD-G);
5. Angelegenheiten der Frequenzverwaltung im Bereich des Rundfunks, einschließlich Überprüfung von Zuordnungen und Entzugsverfahren;
6. Planung und Umsetzung der Digitalisierung, einschließlich der Erarbeitung des Digitalisierungskonzepts und Erstellung des Digitalisierungsberichts;
7. Wettbewerbsregulierung von Rundfunknetzen nach dem TKG 2003 sowie sonstige Aufgaben nach dem TKG 2003;
8. Erteilung der fernmelderechtlichen Bewilligungen für Rundfunk nach dem TKG 2003, sofern es sich um Mehrparteienverfahren handelt;
9. Verfahren hinsichtlich Verbreitungsaufträgen in Kabelnetzen;
10. Wahrnehmung der Aufgaben in Verfahren nach dem KartellG und dem WettbewerbsG;
11. Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz;
12. Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach dem FERG;
13. Rechtsaufsicht über den Österreichischen Rundfunk und seine Tochtergesellschaften nach Maßgabe des ORF-Gesetzes, insbesondere
a) Verfahren betreffend die Einhaltung der Programmgrundsätze und des Objektivitätsgebots;
b) Angelegenheiten des Unternehmensgegenstandes und der Erfüllung der gesetzlichen Aufträge;
c) Einsprüche gegen Listen für Redakteurssprecherwahlen;
d) Angelegenheiten der Organe des Österreichischen Rundfunks und ihrer Beschlüsse;
e) Angelegenheiten des Wettbewerbsverhaltens des Österreichischen Rundfunks und der wirtschaftlichen Gebarung, soweit diese durch das ORF-Gesetz der Regulierungsbehörde zugewiesen ist;
f) sonstige Verfahren über Beschwerden und Anträge.
(4) Folgende Angelegenheiten sind jedenfalls durch Einzelmitglieder zu erledigen:
1. bei elektronischen Audiomedien und elektronischen audiovisuelle Medien:
a) Zuordnungs- und Zulassungsverfahren nach dem PrR-G und AMD-G, sofern es sich um Einparteienverfahren handelt;
b) Rechtsaufsicht im Rahmen der Werbebeobachtung (§ 2 Abs. 1 Z 7), einschließlich der Rechtsaufsicht über den Österreichischen Rundfunk und seine Tochtergesellschaften;
c) Angelegenheiten der anzeigepflichtigen Dienste außerhalb der Rechtsaufsicht;
d) Erteilung der fernmelderechtlichen Bewilligungen für Rundfunk nach dem TKG 2003, soweit es sich um Einparteienverfahren handelt;
e) Bewilligung von Versuchsbetrieben, Ereignis- und Ausbildungsrundfunk;
f) Festsetzung der Finanzierungsbeiträge durch Bescheid.
2. Medienförderung:
a) Vertriebsförderung (Abschnitt II PresseFG);
b) Regionalförderung (Abschnitt III PresseFG);
c) Qualitätsförderung/Zukunftssicherung (Abschnitt IV PresseFG);
d) Publizistikförderung (Abschnitt II PubFG);
(5) Soweit Angelegenheiten aufgrund der vorstehenden Absätze nicht ausdrücklich der Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes oder eines Senates zugeordnet werden, ist in der Geschäftsordnung die Zuständigkeit eines Senates vorzusehen. Ergibt sich in einem anhängigen Verfahren vor einem Einzelmitglied zu einem späteren Zeitpunkt die Zuständigkeit eines Senates, ist das Verfahren vor dem Senat fortzuführen."

Wer nicht in die Medienbehörde darf - Unvereinbarkeitsregeln laut Gesetzesentwurf

"Unvereinbarkeit
§ 4. (1) In der KommAustria dürfen nicht tätig sein:
1. Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates oder sonst eines allgemeinen Vertretungskörpers oder des Europäischen Parlaments, ferner Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einer politischen Partei stehen oder eine leitende Funktion in einer Bundes- oder Landesorganisation einer politischen Partei bekleiden, Personen die in einem Dienstverhältnis zu einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers stehen bzw. einem solchen zur Dienstleistung zugewiesen sind, parlamentarische Mitarbeiter im Sinne des Parlamentsmitarbeitergesetzes sowie Volksanwälte und der Präsident des Rechnungshofes;
2. Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einem Rechtsträger der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien (§ 1 PubFG, BGBl. Nr. 369/1984) stehen;
3. Mitarbeiter des Kabinetts eines Bundesministers oder Büros eines Staatssekretärs oder eines anderen in § 5, 6 oder 8 Abs. 1 des Bezügegesetzes genannten Organs des Bundes oder eines Landes;
4. Personen, die eine der in Z 1 bis 3 genannten Tätigkeiten und Funktionen innerhalb der letzten vier Jahre ausgeübt haben;
5. Personen, die in einem Organ des ORF tätig sind, die in einem Dienst- oder Gesellschaftsverhältnis zu einem Rundfunkveranstalter oder einem sonstigen Medienunternehmen stehen und Personen, die in einem rechtlichen Naheverhältnis zu jenen stehen, die eine Tätigkeit der KommAustria in Anspruch nehmen oder von dieser betroffen sind.
(2) Die Mitglieder dürfen für die Dauer ihres Amtes keine Tätigkeit ausüben, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung ihres Amtes oder die Vermutung einer Befangenheit hervorrufen könnte oder die sie an der Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben behindert oder wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.
(3) Die Mitglieder sind verpflichtet, Tätigkeiten, die sie neben ihrer Tätigkeit in der Behörde ausüben, unverzüglich dem Vorsitzenden zur Kenntnis zu bringen."