Illustration eines NASA-Künstlers zum neuen Himmelsauge

Illustration: Ball/NASA/JPL-Caltech

Pasadena - Die leuchtstärkste Galaxie des Universums, ein Stern, der unserer Sonne näher ist als Proxima Centauri, und Asteroiden, die der Erde gefährlich nahe kommen - NASA-Astronomen überschlagen sich derzeit geradezu vor lauter Erwartungen über potenzielle Entdeckungen, die ein neues Weltraumteleskop machen könnte: der "Wide-field Infrared Survey Explorer" (WISE).

Sein künftiges Aufgabengebiet ist enorm: Innerhalb von etwa sieben Monaten soll er aus einem sonnensynchronen Orbit heraus den gesamten Himmel auf vier Wellenlängen im Infrarotbereich absuchen. Und dieses neue Himmelsauge wird ungleich schärfer sein als bisherige Infrarot-Teleskope. Um dies zu erreichen, arbeitet WISE mit geringstmöglicher Eigentemperatur, um die angemessene Strahlung nicht zu überlagern - einer seiner Sensoren arbeitet sogar bei minus 265 Grad Celsius, also nahe dem absoluten Nullpunkt.

Fülle an potenziellen Entdeckungen

Insgesamt erhoffen sich die Forscher die Entdeckung hunderter Millionen kosmischer Objekte - von sogenannten Starburstgalaxien, in denen überdurschnittlich viele neue Sterne entstehen, über Staubscheiben, aus denen sich Planeten bilden werden, in unserer eigenen Galaxis - bis hin zu bislang verborgenen Vorgängen in unserer unmittelbaren Umgebung. WISE soll nämlich auch Asteroiden aufspüren, die sich bislang der Beobachtung entzogen haben - hunderttausende könnten es den Kalkulationen nach sein, einige hundert davon auf Bahnen, die sie nahe an der Erde vorbei bringen. Auch erhofft man sich von der genaueren Kartografierung des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter ein besseres Gesamtbild über Durchschnittsgrößen und Zusammensetzungen der dunklen Himmelskörper.

Ein besonders intereressantes Untersuchungsfeld liegt zwischen der interstellaren bzw. intergalaktischen und der nachbarschaftlichen Ebene: WISE soll genau genug messen können, um auch die kältesten Braunen Zwerge zu registrieren, also Himmelskörper von einigen Dutzend Jupitermassen, die eine Art Mittelstellung zwischen Stern und Planet einnehmen. Aus Beobachtungen von Kometenbahnen schließen Astronomen auf das Vorhandensein eines großen, bislang nicht beobachtbaren Objekts in einer Entfernung von 25.000 Astronomischen Einheiten (eine AE entspricht in etwa dem Durchschnittsabstand zwischen Sonne und Erde). Und wo eines ist, können durchaus noch mehr sein: Letztendlich, so die Hoffnung der NASA-Astronomen, könnte WISE Sterne aufspüren, die uns näher sind als der gut vier Lichtjahre entfernte Proxima Centauri, der als unser nächster Nachbar gilt.

Nicht zuletzt fungiert WISE damit auch als Scout: Aus seinen Daten sollen besonders interessante Himmelsregionen herausdestilliert werden, auf die sich dann andere Teleskope richten werden, von Hubble über Spitzer und Herschel bis zu solchen wie dem James Webb Space Telescope, die erst in den nächsten Jahren ins All gebracht werden sollen. (red)