Merkwürdige Darstellungen, Text in einer nicht zu knackenden Sprache: eine Doppelseite aus Voynichs Fund.

Foto: ORF/pro omnia/Sulzer

Wien - "Wenn es ein Code ist, dann der beste der Welt". Mit 100-prozentiger Sicherheit können weder Alexander Sperl, Handschriftenexperte an der Nationalbibliothek, noch René Zandbergen, Weltraumforscher und Kryptografiekenner, bestimmen, ob es sich bei dem sagenhaften Voynich-Manuskript um einen tatsächlichen Text, um eine Privatfantasie oder um einen Scherz handelt. Immerhin aber ist mittlerweile ausgeschlossen, dass das 232 Seiten starke Schriftstück eine Fälschung ist, die spätmittelalterliche Herkunft nur simuliert.

Denn die beiden Wissenschafter, ein Dokumentarteam von Universum/ORF und Kevin Repp, Kurator an der Beinecke Rare Books Library der Yale Universität, präsentierten am Donnerstag einen klaren Befund. Mithilfe materialwissenschaftlicher Untersuchungen konnte die Entstehung des Pergamentbandes mit höchster Wahrscheinlichkeit auf zwischen 1404 und 1438 eingegrenzt werden; und unter den zahlreichen Abbildungen befindet sich auch jene einer Burg, die eine Herkunft aus dem südlichen Alpenbereich sehr nahelegt.

Bisher wusste man nur, dass der New Yorker Antiquar Wilfried Voynich das Manuskript 1912 in einem Kloster in Italien erwarb und vergeblich zu verkaufen - und zu entziffern - suchte. Seit 40 Jahren ist es im Besitz von Yale.

Erst vor kurzem aber traf das Interesse des ORF-Teams auf die Bereitschaft von Repp, kleinste Proben des Materials an Instituten in Arizona und Chicago analysieren zu lassen. Mit dem Datum (vor 1438) werden postkolumbianische Spekulationen überflüssig, und ab nun können Forscher sich auf die näheren Zeitumstände konzentrieren, die im frühen 15. Jahrhundert die Niederschrift begleitet haben mögen.

Noch lange Zeit aber wird Voynichs Fund wohl zu den großen ungelösten Rätseln zählen (http://130.132.81.132/pre1600ms/docs/pre1600.ms408.htm). Denn auch mit modernsten Dekodierungsmethoden ist es nicht gelungen, einen Sinn im Fantasie-Alphabet des unbekannten Autors zu finden.

Sogar in Dan Browns "Verlorenem Symbol" spielt der Text eine bedeutsame Rolle. Der Linzer Physiker Andreas Schinner hingegen will mit statistischen Analysen nachgewiesen haben, dass er nichts bedeutet. Er hält ihn für einen "Schabernack". (mf, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4. Dezember 2009)