Jahrelang dem Verfall preisgegeben, weil Bund und Länder über Zuständigkeiten stritten: Von 61 jüdischen Friedhöfen ist fast jeder dritte, wie hier in Wien-Währing, in einem bedenklichen Zustand.

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Wien - Ariel Muzicant, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) sprach von einem "verspäteten Chanukkageschenk". Denn im jahrelangen Tauziehen, wer für die 2001 von der Republik im Washingtoner Abkommen zugesicherten Erhaltung der 61 jüdischen Friedhöfe in Österreich zuständig sei, wurde Montagabend ein Durchbruch erreicht: Bund und Länder einigten sich, einen Instandsetzungsfonds einzurichten. Der wird vom Bund über 20 Jahre jährlich mit einer Million Euro befüllt. Weitere 20 Millionen werden die Kultusgemeinden aufbringen - zum Großteil vermutlich durch Spenden.

Auch vonseiten der Länder wird es Beteiligungen an den Kosten geben. Insgesamt wurde in den vergangenen Jahren von einem Gesamtfinanzbedarf von mehr als 40 Millionen Euro gesprochen.

Länder und Bund hatten jahrelang darüber gestritten, wer für die Erhaltung zahlen soll - die Friedhöfe waren währenddessen verfallen. Nach einer Liste der Kultusgemeinde sind lediglich sechs jüdische Friedhöfe in gutem Zustand - 18 gelten demnach als "mangelhaft" gepflegt. Historiker, wie etwa die Wiener Forscherin Tina Walzer, hatten seit Jahren eine gesetzliche Lösung die gefordert, um den Verfall zu stoppen: "Sonst ist alles für immer hin."

Länderanteil

Am Rande des Ministerrates hieß es am Dienstag, dass Niederösterreich und das Burgenland voraussichtlich 25 Prozent der im jeweiligen Bundesland anfallenden Kosten übernehmen dürften. Den größten Länderbrocken wird aber Wien zu tragen haben.

Schon bisher zahlte Wien der IKG jährlich rund 320.000 Euro für die Friedhofspflege. Diese Summe genügt jedoch gerade, um den einzigen heute noch genutzten jüdischen Friedhof Wiens - die israelitische Abteilung am Wiener Zentralfriedhof - zu betreuen.

Allein für die Sanierung des "Kornhäusls" am Währinger Friedhof werden nun jedoch rund 500.000 Euro bereitgestellt werden müssen.

Mit der Einigung am von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) einberufenen runden Tisch wurde für IKG-Präsident Muzicant "das letzte völkerrechtlich offene Thema abgearbeitet". Erfreut zeigten sich auch die Grünen und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) erklärte, dass nicht bloß um die Verpflichtung zur Umsetzung des Washingtoner Abkommens gehe: "Wichtiger ist, dass Österreich dadurch einen entscheidenden Schritt in der Erfüllung seiner moralischen Verantwortung zur Wahrung der Würde jüdischer Gräber setzt." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Printausgabe, 23.12.2009)