Nur "Facetten" wollte ORF-Chef Alexander Wrabetz am Entwurf für neue TV-Gesetze bemängeln, sagte er vor wenigen Tagen dem STANDARD. Die Stellungnahme der ORF-Generaldirektion wuchs sich auf 23 Seiten aus, siehe Download links.

Wie zuvor die Gebührentochter Gis - DER STANDARD berichtete - fordert nun auch der ORF-Chef, ein "Schlupfloch" für Gebührenzahler zu schließen. Der Verwaltungsgerichtshof hat 2008 entschieden: Wer den ORF nicht empfangen kann, etwa weil er keine Decoderkarte dafür besitzt, muss dem Küniglberg kein Programmentgelt überweisen. Wrabetz wünscht sich nun diese Formulierung ins Gesetz: "Das Programmentgelt ist unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer an seinem Standort mit Programmen des Österreichischen Rundfunks (...) terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird." Zahlen müsste dann, wer sehen könnte.

Hat der ORF mehr Gebühren eingehoben, als er für den Auftrag brauchte, soll er die Gebühren laut Entwurf ab 0,5 Prozent über dem nötigen Wert senken. Der ORF will sie erst bei fünf Prozent zuviel anpassen müssen.
Dem ORF-Chef „stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit" mit den „Unabhängigkeitsgarantien" des Rundfunk-Verfassungsgesetzes, wenn die Medienbehörde Auftrag und Finanzen des ORF kontrolliert. Wrabetz wünscht sich weiterhin den Bundeskommunikationssenat und nicht die neue Medienbehörde als erste Instanz für den ORF.
Viele Werbebeschränkungen gehen dem ORF-Chef zu weit. Limits für Onlinewerbung bekämpft er, und wenn schon, solle sie mit einem Anteil am Werbemarkt begrenzt werden. ORF-Radios soll Product Placement erlaubt sein.

In kommerziellen Kanälen will er gleiche Bedingungen wie Private. Landesstudios soll das Gesetz bezahlte "Kooperationen" mit öffentlichen Stellen zu Themen von Kultur über Brauchtum bis Sport erlauben. Ideelle Werbung und Sponsorhinweise sollen nicht als Werbezeit gelten. ORF-Radios sollen für ORF-Fernsehprogramme werben dürfen. Beschränkungen für Zeitungswerbung fallen. im ORF-TV sollen fallen. Ausnahmen für Online- und Teletextwerbung (etwa werbefreie Tage, Cross Promotion, Zeitungswerbung, Product Placement) sollen entgegen dem Entwurf weiter bestehen. 

"In Grundrechte des ORF" greift nach Wrabetz' Ansicht das Verbot ein, kommerzielle Spartenprogramme oder Onlinedienste unter der Marke ORF anzubieten. Er will auch kommerzielle Onlinedienste ohne Konnex mit seinen Rundfunkangeboten anbieten dürfen. (fid, DER STANDARD; Printausgabe, 2./3.1.2010, Langfassung)