Mittlerweile gehören solche Konflikte bereits zum Jahreswechsel wie die Knallerei zu Silvester: Zwischen Russland und einem Öl- bzw. Gas-Transitland in Richtung EU kommt es zu einem Streit, weshalb Pipelines kurzfristig stillgelegt werden. So auch diesmal. Statt der Ukraine, wie im Vorjahr, heißt der Widerpart heuer Weißrussland, und es geht um Erdöl statt wie in früheren Fällen um Gas.

Das Lamento in der EU ist in solchen Fällen immer groß. Die Versorgungssicherheit wird diskutiert und die Frage gestellt, ob Russland überhaupt ein sicherer Energielieferant für die EU ist. Weniger intensiv - wenn überhaupt - wird darüber gesprochen, ob die EU nicht sich selbst am Schopf nehmen und statt auf Erdöl und Erdgas forcierter auf alternative Energieträger setzen sollte.

Der wiederkehrende Energiestreit zwischen Moskau und Minsk bzw. Kiew zeigt, wie fragil das Liefernetz ist, auf dem beträchtliche Teile der EU-Energiebereitstellung beruhen. Die Verträge, mit denen Russland und die Transitstaaten ihr Energiegeschäft abwickeln, sind undurchsichtig und laden zur Korruption ein. Noch aus den Zeiten der Sowjetunion datierend, beziehen die Transitländer Öl und Gas teilweise zu einem von Russland hoch subventionierten Preis. Eine Diversifizierung der EU, die mehr beinhaltet als neue Pipeline-Routen à la Nabucco, tut not. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.1.2010)