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Howard Dean bei der Huffington-Post-Party zur Amtseinführung Obamas im Jänner 2009.

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Rudy Giuliani klang zufrieden, er fand lobende Worte für den Präsidenten, was sonst nicht seine Art ist. Na bitte, sagte der ehemalige Bürgermeister New Yorks, nun habe es auch Barack Obama geschafft, die Worte Krieg und Terror in einem Atemzug zu nennen.

Vom „globalen Krieg gegen den Terror" spricht Obama zwar nicht. Die Floskel ist aus dem Sprachschatz des Weißen Hauses verschwunden, seit vor zwölf Monaten der Hausherr wechselte. Doch nun sieht Giuliani den Nachfolger George W. Bushs auf dem Weg der Einsicht, weil er im Zuge des vereitelten Flugzeuganschlags über Detroit erklärte, „wir sind im Krieg gegen Al-Kaida". Zudem legt er Obama nahe, Omar Faruk Abdulmutallab, den verhinderten Attentäter, vor ein Militärgericht zu stellen statt vor einen ziviles. Die Demokraten, speziell auf dem linken Flügel, aber nicht nur dort, wittern eine fatale Falle. „Bloß nicht!", warnen ihre Wortführer, der Weg führe in die Sackgasse.

Im Kern läuft der Diskurs auf die Frage hinaus, ob Obama zum Antiterrorpräsidenten wird, wie Bush einer war. Seine frühen Anhänger warnen vor einem Drehbuch, an dessen Ende er nur scheitern, enttäuschen kann. In diesem Szenario beherrscht der Kampf gegen Terroristen die Agenda so gründlich, dass die Unterschiede zu Bush verschwimmen und der versprochene Wandel ein frommer Wunsch bleibt. Sachliche Gründe gibt es vorerst kaum für diese Annahme. Nach einer Serie von Krisensitzungen, auf denen Obama seinen Geheimdiensten die Leviten las, kehrt er schnell zur Tagesordnung zurück. Seine wöchentliche Radioansprache am Samstag galt Krankenversicherungen, nicht Al-Kaida-Zellen. An der Alarmstimmung in den eigenen Reihen ändert es nichts.

Es kommt einiges zusammen. Da ist die Gesundheitsreform, aus Sicht der Linken nur noch ein Reförmchen, wenn sie spätestens im Februar vom Kongress verabschiedet wird. Da sind die umstrittene Truppenaufstockung in Afghanistan, der Verzug bei der Schließung des Lagers Guantánamo. Am schwersten aber fällt ins Gewicht, dass die Arbeitslosenkurve wieder nach oben zeigt eine - negative Überraschung.

Für Obama sind es denkbar schlechte Nachrichten. Seine Popularität, weisen Demoskopen nach, steht und fällt mit der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Kritiker fordern aktivere Arbeitsbeschaffungsprogramme, ein zweites, Konjunkturpaket, auch wenn es noch breitere Löcher in den Staatssäckel reißt. „Der Präsident muss viel öfter darüber reden, wie wir die Leute in Lohn und Brot bringen", mahnt Robert Reich, der Arbeitsminister Bill Clintons.

Dass die Amerikaner ihrer Regierung auf halber Strecke zwischen zwei Präsidentschaftswahlen gern einen Denkzettel verpassen, hat Tradition. 1982 war es so unter Ronald Reagan, 1994 unter Bill Clinton. Sowohl Reagan als auch Clinton wurden wiedergewählt. Nüchterne Köpfe warnen denn auch davor, aus der momentanen Talfahrt Obamas Schlüsse zu ziehen, die weiterreichen als nur ein paar Monate. Bemerkenswert ist indes, wie sich die Linksfraktion der Demokraten eine neue - alte - Galionsfigur sucht: Howard Dean. Den Ex-Gouverneur von Vermont, der 2004 wie der Favorit im Rennen ums Oval Office aussah, bevor er seine Chancen mit einem irritierenden Urschrei zunichtemachte.

Dean ist wieder aufgetaucht auf der großen Bühne. Er profiliert sich als Anführer einer parteiinternen Rebellion gegen Obama, die an Lautstärke gewinnt. Seine Graswurzelbewegung, „Democracy for America", zählt 1,2 Millionen Mitglieder. In Absetzung von der Administration heißt es: „Für mich spricht Gouverneur Dean". (Frank Herrmann aus Washington/ DER STANDARD Printausgabe, 11.1.2010)