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Der römisch-katholischen Kirche laufen die Schäfchen weg.

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Wien - Ein turbulentes Jahr hat der römisch-katholischen Kirche in Österreich etliche Mitglieder gekostet: Insgesamt 53.216 Personen kehrten 2009 dem Klerus den Rücken, was fast ein Drittel mehr (30,9 Prozent) als im Vorjahr bedeutet (40.654 Personen). Im Verhältnis zur Katholikenzahl entsprechen die Ausstiege einem Minus von 0,96 Prozent.

Kein leichtes Jahr

Die Gesamtzahl der Katholiken beläuft sich mit Stichtag 31. Dezember 2009 auf 5,53 Millionen. Ein Jahr zuvor waren es laut amtlicher Statistik der Österreichischen Bischofskonferenz 5,58 Millionen. Das bedeutet einen Rückgang um 0,8 Prozent. Jeder Kirchenaustritt sei für die Kirche als Gemeinschaft sehr schmerzlich, betonte Erich Leitenberger, Pressesprecher der Erzdiözese Wien, zu den Entwicklungen. 2009 sei für die Kirche in Österreich kein leichtes Jahr gewesen. Trotzdem seien die Katholikenzahlen "relativ stabil" geblieben. Eine Rolle bei der Entwicklung der Austrittszahlen spiele auch die gravierende Finanz- und Wirtschaftskrise, so Leitenberger weiter.

Größter Anstieg in Diözese Linz

Die Empörung über die missglückte Ernennung des erzkonservativen Windischgarstener Pfarrers Gerhard Maria Wagner zum Linzer Weihbischof hat offenbar der Diözese in Oberösterreich den größten Anstieg bei den Kirchenaustritten beschert. Dort waren es im vergangenen Jahr 43,5 Prozent mehr als 2008. Dahinter rangiert Vorarlberg, wo der Feldkircher Bischof Elmar Fischer mit umstrittenen Aussagen ebenfalls für Debatten sorgte. Dort stieg die Zahl der Austritte um 40,3 Prozent. Am wenigsten Austritte gab es in Kärnten, die Erzdiözese Wien rangiert im Mittelfeld.

Zu Jahresende 2009 hatte die Diözese Linz 1,032.208 Katholiken (2008: 1,041.154), insgesamt traten dort 9.338 Personen aus der Kirche aus (2008: 6.506 Personen). 724 Personen traten wieder oder neu in die Kirche ein. Zusätzlich widerriefen 110 Personen in Linz ihren Austritt. Nach der Empörung über Wagners Ernennung - er hatte unter anderem behauptet, Homosexualität sei "heilbar" - hatten verschiedene Organisationen zum Austritt aus der Kirche aufgerufen.

OÖ: Austritte wegen Wagner und Fischer

Die hohe Zahl der Kirchenaustritte in Oberösterreich sei "schmerzhaft und mache betroffen" hieß es am Dienstag in einer Presseaussendung der Diözese Linz. Die Beweggründe jedes Einzelnen seien aber unterschiedlich und würden sich nicht nur auf einige emotional geführte Diskussionen in der Diözese zurückführen lassen, sagte der Generalvikar Severin Lederhilger.

Für negative Stimmung unter den Gläubigen hatte der Feldkircher Bischof Elmar Fischer mit seinen Aussagen über Homosexualität gesorgt. Er verzeichnete in seiner Diözese einen historischen Höchststand an Austritten. 2.515 Menschen kehrten dort der Kirche den Rücken, 2008 waren es noch 1.668 gewesen. Das bedeutet ein Plus von 40,3 Prozent. Fischer hatte sich im Februar 2009 der Meinung Wagners angeschlossen, Homosexualität sei "heilbar" und sie mit anderen "psychischen Erkrankungen" wie Alkoholismus verglichen.

Negatives Bild der Kirche

Die Erzdiözese Wien mit Kardinal Christoph Schönborn an der Spitze liegt bei den Austritten im guten Mittelfeld, 16.527 Personen traten dort 2009 aus der Kirche aus, das sind 27,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Erzdiözese Salzburg verzeichnete ein Mehr an Rückgang um 34,3 Prozent. In der Diözese Graz-Seckau mit dem gewichtigen Bischof Egon Kapellari stieg die Anzahl der Austritte um 35,1 Prozent, im katholisch geprägten Tirol um 27,5 Prozent. Ein Plus von 24,5 Prozent sind in der Diözese Eisenstadt zu verzeichnen, wo Bischof Paul Iby in diesem Jahr aus Altersgründen sein Rücktrittsgesuch an den Vatikan einreichen wird. In St. Pölten traten 18,3 Prozent mehr Katholiken aus der Kirche aus, am wenigsten kritisch auf die Vorgänge in der römisch-katholischen Kirche haben die Kärntner reagiert: Dort stieg die Zahl der Austritte nur um 15,1 Prozent.

In der ersten Monaten des Jahres 2009 hätten die Vorgänge rund um die Aufhebung der Exkommunikation lefebvrianischer Bischöfe, insbesondere die Aussagen des Holocaust-Leugners Richard Williamson sowie die Irritationen rund um Wagner ein sehr negatives Bild der Kirche in den Medien erzeugt, erklärte sich Erich Leitenberger, Pressesprecher der Erzdiözese Wien, den Anstieg bei den Austritten. (APA)