Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Besuch bei der Bauernbund-Jugend reicht längst nicht mehr aus: ÖVP-Chef Josef Pröll fahndet nach Wählern unter 30 - in Discos, im Internet und bei Castingshows.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wochenlang wurde auf der Superpraktikanten-Homepage um Unterstützer geworben, am Ende blieben aber nur fünf Kandidaten im Rennen.

Foto: Screenshot

Josef Pröll mit der neuen "Superpraktikantin" Reez Wollner.

Foto: STANDARD/Fischer

Wien - Das erste Transparent ist lange vor Beginn der Show zu sehen, doch es zeigt keinen Namen eines Kandidaten. Zwei vermummte Gestalten haben es bei Eiseskälte vor das Platinum Vienna am Donaukanal getragen. Nach einem Blick auf die Homepage www.superpraktikant.at entschlossen sich die beiden Künstler zu der Minidemo - um für "ästhetische Mindeststandards für aus Steuergeld finanzierte Parteikampagnen" zu demonstrieren.

Unbezahlter Einsatz unter widrigen Bedingungen - typisch Generation Praktikum, doch gewählt wurden an diesem Abend andere. Die ÖVP hatte zur Kür eines "Superpraktikanten" geladen, der Parteichef Josef Pröll die kommende Woche überall dorthin begleiten wird, "wo Politik passiert": zum Nachtslalom in Schladming und zum Jägerball in der Hofburg, aber auch zum Ministerrat und in den Parlamentsklub. Erste Bewährungsprobe Montagmorgen: Der Azubi soll dem künftigen Wissenschaftsminister die Zeit vertreiben, während dieser in der Parteizentrale auf seine Nominierung durch den ÖVP-Vorstand wartet.

Mitternachtseinlage

Bereits überstanden haben die Anwärter eine zehnwöchige, von der ÖVP beworbene Castingshow, bei der im Internet um Stimmen gebuhlt wurde. Die fünf Besten - drei Frauen, zwei Männer zwischen 15 und 28 - schafften es schließlich ins mit viel boulevardeskem Support (Heute, ATV, Kronehit) inszenierte Finale, das streckenweise so ablief, wie man sich eine Mitternachtseinlage auf einem Gschnas der ÖVP-Niederösterreich vorstellt: Eine bemühte Toni-Polster-Parodie, ein Wordrap zu so politischen Begriffen wie Geschirrspüler, Schönbrunn oder Sex in the City.

Dazu spaßig gemeinte Aufgaben, bei denen es galt, Pröll auf Kinderfotos zu identifizieren oder im Publikum Sakkos zu suchen, die dem Vizekanzler auch wirklich passen.

Dem Hauptpreis war es zu verdanken, dass doch noch Lacher aufkamen. "Ich hab schon damals versucht, Rot, Grün und Blau unter einen Hut zu bringen", kommentierte Pröll ein Kinderfoto, das ihn mit Bauklötzen zeigte. Einen jugendlichen Auftritt im Fußballdress - auf einem anderen Foto zu sehen - dementierte er: "Nein, ich hab immer nur ministriert. Deswegen meine Linie."

"Mauer zur jungen Generation durchbrechen"

Eigentlich ist es sonst immer umgekehrt: Nachwuchswähler attestieren Politikern in Umfragen gerne, fad und altvatrisch zu wirken. Die ÖVP wollte mit der Praktikantenshow deshalb vor allem die Distanz der Politik zur Jugend abzubauen, die - wie es einer aus der Parteizentrale ausdrückt - "über Twitter, Facebook und das ganze Online-Zeugs kommuniziert". Es ist ein Trend, der vor allem den Strategen der etablierten Parteien "Übelkeitszustände" beschert, meint der Politologe Fritz Plasser: Sind es heute erst fünf Prozent der Erwachsenen, für die das Internet die wichtigste Informationsquelle darstellt, würden Politiker in zehn, 15 Jahren ein Drittel der Wähler gar nicht mehr erreichen, wenn sie sich im World Wide Web nicht zu bewegen wüssten. Den "Superpraktikanten" hält Plasser für einen "ersten Versuch, die Mauer zur jungen Generation punktuell zu durchbrechen".

Weil der türkischstämmige Co-Favorit kaum ein Wort herausbrachte und der Kandidat aus der Jungen ÖVP doch zu stromlinienförmig wirkte, gewann schließlich die 26-jährige Medientechnikerin Reez Wollner, die mit pinken Strümpfen angetreten war und "erste Bundespräsidentin" werden will. Ihre ersten Worte nach dem Sieg: "Ich danke meinen Wählerinnen und Wählern." (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2010)