Neben ihrer Arbeit als Komponistin ist Olga Neuwirth auch als Film- und Performancekünstlerin tätig.

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Wien - Die Komponistin Olga Neuwirth erhält den Großen Österreichischen Staatspreis 2010, die höchste künstlerische Auszeichnung der Republik. Neuwirth (41) zählt für Kulturministerin Claudia Schmied  "ohne Frage zu den führenden KomponistInnen weltweit. Sie ist eine Grenzüberschreiterin in mehreren Gebieten wie wenige andere Künstler", wie es am Donnerstag in einer Aussendung hieß. Die Auszeichnung wird am 8. April in Wien überreicht.

Als "wichtiges gesellschaftspolitisches Signal" und "wichtige öffentliche Ankerkennung für das kreative Schaffen von Frauen" bewertete die Kulturministerin die Zuerkennung: "Sie verfügt über differenzierte Kenntnisse in der Bildenden Kunst, dem Film, der Neurowissenschaften und der Philosophie. Ihre Musik ermöglicht eine Entdeckungsreise in unbekannte Zeit- und Raumzonen." Schmied habe "dem Vorschlag des Österreichischen Kunstsenats mit besonderer Freude zugestimmt, da nach Brigitte Kowanz 2009 auch im neuen Jahr die höchste Auszeichnung der Republik Österreich im Bereich der Kunst an eine Frau geht".

"Nicht einmal Koproduktionen"

"Erstaunlich", "zwiespältig" und "natürlich eine Ehre" ist die Auszeichnung für für Neuwirth selbst: . "Wäre ich von Österreich abhängig gewesen, wäre ich keine Komponistin", sagte sie in einer ersten Reaktion. Die Position der "Komponistin in Österreich" habe es in Österreich ganz einfach nicht gegeben, "die habe ich mir hart erkämpft", so Neuwirth. "Wenn man dann plötzlich als Jüngste den Staatspreis bekommt ist das schon erstaunlich." Zwar habe es auch hierzulande "immer Ausnahmen gegeben, Menschen, die auch zu mir gestanden haben, als ich noch nicht bekannt war - und auf die werde ich auch in meiner Rede hinweisen", doch insgesamt: "Ich muss in Österreich, wahrscheinlich weil ich eine Frau bin, jedes Mal wieder beweisen, dass ich komponieren kann." Neuwirth äußerte dies kurz vor ihrer Abreise nach Berlin. Dort ist auch ihr Verlag, Boosey and Hawkes, dort arbeitet sie an einem neuen Filmprojekt. Ihre Arbeiten in näherer Zukunft sind "nicht einmal Koproduktionen" mit Österreich.

"Überglücklich" zeigte sich Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek in einer schriftlichen Reaktion auf eine Anfrage:  "Ich hoffe, daß sie darüber auch die vielen Zurücksetzungen wenigstens kurz vergessen kann, die Österreich ihr angetan hat. Wie dem Werk fast aller Frauen", so die Autorin, die mit Neuwirth u.a. bei "Bählamms Fest", dem "Sportstück", "Totenauberg" sowie bei "Lost Highway" zusammenarbeitete: "Es war bis jetzt nicht möglich, ihr eine Professur zu verschaffen (Valie Export hatte auch keine in Österreich bekommen), es wird sich zwar nichts ändern, aber das ist ein Tag der Freude für mich, und daran kann niemand etwas ändern" .

Bundeskanzler Werner Faymann hat per Aussendung seine "große Freude"  zum Ausdruck gebracht und übermittelte seine "herzlichen Glückwünsche". Mit Neuwirth werde das Schaffen einer "international vielbeachteten" Komponistin geehrt, "die nicht nur in der Musik, sondern auch in anderen Bereichen, wie etwa als Film- und Performancekünstlerin spannende Akzente gesetzt hat". Besonders freute den Bundeskanzler, "dass nach Brigitte Kowanz nun wieder eine Frau mit dieser höchsten Auszeichnung für künstlerisches Schaffen bedacht wird." Als "wichtiges gesellschaftspolitisches Zeichen" betrachtet auch SP-Kultursprecherin Sonja Ablinger die Entscheidung. Neuwirth sei "Schöpferin einzigartiger Klangwelten, eine Ausnahmekünstlerin, die mit ihrem Werk der musikalischen Avantgarde zu den herausragendsten Komponistenpersönlichkeiten ihrer Zeit zählt".

Next Generation

Olga Neuwirth, geboren 4. August 1968 in Graz, studierte zunächst an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Wien bei Erich Urbanner, dann am Conservatory of Music sowie am Art College in San Francisco. Seit ihrer Vorstellung 1998 in der Reihe "Next Generation" bei den Salzburger Festspielen erhielt Neuwirth eine Reihe von Preisen, wie den Paul-Hindemith-Preis, den Ernst-Krenek-Preis oder den Heidelberger Künstlerinnenpreis. 2009 erhielt sie den "South Bank Show Award" für ihre Oper "Lost Highway". Neben ihrer Arbeit als Komponistin ist Olga Neuwirth auch als Film- und Performancekünstlerin tätig. Kürzlich wurde bekannt, dass sie 2010 den Louis Spohr Musikpreis der Stadt Braunschweig erhält.

Neuwirth ist die zehnte Frau, die mit dem Staatspreis ausgezeichnet wird. Seit 1950 im Jahresrhythmus ohne festgelegtes Rotationsprinzip an österreichische Künstler der Sparten Literatur, Musik, Bildende Kunst und Architektur vergeben, ist der Große Österreichische Staatspreis mit 30.000 Euro dotiert. Die Preisträger der vergangenen Jahre waren 2002 Heinz Karl Gruber in der Sparte Musik, 2003 Siegfried Anzinger im Bereich Bildende Kunst, 2004 Günther Domenig für Architektur, 2005 Hermann Nitsch für Bildende Kunst, 2006 der Komponist Georg Friedrich Haas und 2007 Josef Winkler in der Sparte Literatur. 2008 wurde der Bildhauer Karl Prantl ausgezeichnet, im Vorjahr die bildende Künstlerin Brigitte Kowanz.  (APA)