"Zerschmettert in Stücke (im Frieden der Nacht)": Lawrence Weiner beschriftete 1991 das Betonmonster in Mariahilf. 

Cremers Photoblog: Der Flakturm und die Würde

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Wien - Nachdem Fischerl-Verzierung und Manta-Dach vom Tisch sind, will Franz Six wenigstens den Außenaufzug retten. "Der geht nur ein ganz kleines Stückerl durch das Kunstwerk", sagt der Präsident des Vereins Haus des Meeres, "das ist wirklich eine sehr geringe Beeinträchtigung."

Auf das Dach soll ein weiteres Stockwerk kommen

Seit 1957 im Flakturm im Esterházypark untergebracht, will der Salz- und Süßwasser-Zoo vergrößern. Auf das Dach des Kriegsrelikts soll ein weiteres Stockwerk kommen. Die Pläne dafür liegen seit langem vor - und wurden im Bezirk auch schon mittels Anrainerbefragung abgesegnet. Ursprünglich sollte der gesamte Turm mit bunten Fischen bemalt werden und das neue Dach die Form eines Mantas haben. Nach dem Einspruch der für Stadtbildfragen zuständigen Magistratsabteilungen legte das Haus des Meeres dann aber einen wesentlich dezenteren Entwurf vor.

Lawrence Weiner-Kunstwerk soll gewahrt werden

Sechs Millionen Euro sind für das neue Aquarium auf 47 Meter Höhe veranschlagt. Um einen möglichst günstigen Kredit für das Projekt zu bekommen, will das Haus des Meeres eine Hypothek auf das Gebäude aufnehmen - wofür sie es allerdings erst einmal erwerben müsste. Die Stadt Wien wäre auch ohne weiteres gewillt, das Betonmonster zwischen Mariahilfer- und Gumpendorfer Straße herzugeben, wäre nicht ein Teil davon inzwischen Kunst: Im Auftrag der Wiener Festwochen gestaltete der New Yorker Konzeptkünstler Lawrence Weiner 1991 den Bereich über den ohrwaschelartigen Plattformen. Seither steht dort "Zerschmettert in Stücke (im Frieden der Nacht) / Smashed to pieces (in the still of the night)". Vor ein paar Jahren auf Kosten der Stadt renoviert, soll das Werk auch weiterhin unversehrt bleiben - wofür sich vor allem Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) starkmacht. Auf dessen Betreiben hin enthält der Kaufvertrag nun auch einen Passus, nachdem "die Würde des Kunstwerkes" in jedem Fall gewahrt werden muss.

Entscheidung im Februar

Allerdings gehen die Meinungen bezüglich der Grenze zur Würdelosigkeit auseinander. Für Six ist ein Außenaufzug, der einen kleinen Teil des Werkes verdeckt, nicht weiter tragisch - der städtischen Kulturabteilung wäre es hingegen am liebsten, wenn alles so bliebe, wie es ist. Das Problem dabei: Kann das Haus des Meeres nicht aufstocken, gibt's auch keinen Grund mehr für den Verein, den Turm überhaupt zu kaufen. Was angesichts der in den nächsten Jahren anstehenden Außensanierung des Kriegsrelikts der Stadt auch nicht ganz recht sein kann.

Schriftzug war nur für sechs Wochen geplant

Bis Anfang Februar, so hofft, Six, habe man eine für alle akzeptable Lösung gefunden und den Vertrag unterschrieben. Wobei sich das Haus des Meeres in der Kunstfrage seit langem übervorteilt fühlt: "Man hat uns 1991 gefragt, ob wir die Aufschrift von Herrn Weiner akzeptieren - und uns versichert, er komme ohnehin nach sechs Wochen wieder weg", sagt Six. "Deshalb haben wir auch zugestimmt." (Martina Stemmer, DER STANDARD Printausgabe 29.1.2010)