Das Samsung Wave ist Hardware-seitig ein innovatives Gerät, doch die Plattform Bada liefert nur mehr vom Gleichen.

Foto: Birgit Riegler

Ein Monopol hemmt Innovationen und Vielfalt belebt den Markt. Am deutlichsten hat sich das in den vergangenen Jahren am Browser-Markt gezeigt. Vor dem Auftreten von Firefox war Microsofts Internet Explorer träger Marktbeherrscher. Seit Firefox, Chrome und Safari mitmischen profitieren User wieder von zahlreichen Innovationen. Seit Apple und Google in den Smartphone-Markt eingestiegen sind, hat sich auch hier viel verändert. Doch die Vielfalt scheint in unübersichtliches Wirrwarr abzugleiten.

Alle wollen mitmischen

Anlässlich des Mobile World Congress in Barcelona standen mehrere neue Handy-Plattformen im Mittelpunkt: Microsofts Windows Phone 7, Samsungs Bada, MeeGo von Nokia und Intel sowie Symbian3. Daneben tummeln sich auch noch iPhone, Android, Blackberry, WebOS und LiMo jeweils mehr oder weniger erfolgreich am Markt. Jeder Hersteller scheint sein eigenes Süppchen kochen zu wollen. Google-CEO Eric Schmidt meinte im Rahmen einer Keynote auf der Mobilfunkmesse, dass er die Vielfalt begrüße und die Nutzer davon profitieren würden.

Nokia fusioniert

Der Schritt von Nokia und Intel, die mobilen Betriebssysteme Maemo und Moblin zusammenzulegen, ist vor dem Hintergrund dieses Betriebssystemwuchers durchaus logisch. Die Plattform soll offen sein und auf den unterschiedlichsten Endgeräten zum Einsatz kommen - Smartphones, Netbooks, Tablets und sogar Fernseher. Damit wird Nokia offenbar nicht nur in Konkurrenz zu anderen Smartone-Betriebssystemen treten, sondern auch zum Desktop und Googles kommenden Chrome OS. Die ersten Geräte sollen in der zweiten Jahreshälfte von verschiedenen Herstellern auf den Markt kommen. Wie erfolgreich MeeGo werden kann, ist noch nicht abzuschätzen, da noch wenig bekannt ist.

Wohin mit Symbian

Etwas verloren wirkt daneben Symbian, das trotz MeeGo weiter entwickelt werden soll und ebenfalls ein offenes Handy-Betriebssystem ist. Zumindest hat man Entwicklern die Entscheidung abgenommen, wofür sie ihre Anwendungen schreiben: beide Plattformen basieren auf dem Qt-Toolkit. Damit sind Apps zu beiden Systemen kompatibel. Es bleibt die Frage, wenn Nokia mit MeeGo an einem anscheinend so vielfältigen und offenen System arbeitet, warum hält man weiter an Symbian für Smartphones fest? Das System ist zwar noch immer Marktführer, doch die Anteile schwinden dahin und beziehen sich vor allem auf sogenannte Feature Phones, deren Platz neben dem wachsenden Smartphone-Markt immer mehr schrumpft. Dass Maemo bzw. hinkünftig MeeGo Symbian abwechseln soll, haben die Finnen bislang vehement abgestritten.

Microsoft fängt von vorne an

So totgesagt wie Symbian war auch mobile Betriebssystem aus Redmond, da meldete sich Microsoft nun mit dem Neustart von Windows Phone 7 wieder lautstark zurück. Wieso der Konzern überhaupt auf Handys will, ist nachvollziehbar. Microsoft fährt die Strategie "three screens", wie sie CEO Steve Ballmer nennt: Computer, Smartphones, Fernseher. Computer werden mit Windows 7 bedient, Smartphones mit Windows Phone (vormals Windows Mobile) und Fernseher mit Xbox Live. Nach dem Auftauchen von iPhone und Android sind Windows Mobile 6.1 und das halbherzige Update auf 6.5 jedoch aufs Abstellgleis gewandert. Viele Beobachter erteilten den (ungefragten) Rat, diese Schiene doch aufzugeben, es komme nichts mehr Innovatives nach. Doch mit Windows Phone 7 könnte sich das Blatt für die Redmonder wenden. Das Unternehmen scheint es endlich geschafft zu haben, sein aufgeblasenes Handy-Betriebssystem für moderne Touchscreen-Geräte angepasst zu haben, freut man sich bei HTC. Bis zum Start von Windows Phone 7 dauert es aber noch bis Jahresende und es wird zu früheren System nicht kompatibel sein. Wie gut sich neue Geräte mit Windows Mobile 6.5.3 wie das HTC HD Mini inzwischen verkaufen werden, ist fraglich.

Samsung verwirrt

Innovationen sind es, die der Smartphone-Markt benötigt. In den vergangenen Jahren wurden die vor allem durch Apple mit dem Touchscreen-Interface und App Store des iPhones und von Google mit seinem offenen System Android angeregt. Einer der zahlreichen Hersteller, die auf den Android-Zug aufgesprungen sind, ist Samsung. Man fragt sich, wo nun das selbst entwickelte System Bada einzuordnen ist, das in Barcelona auf dem Wave präsentiert wurde. In einem ersten Kurztest hat sich Bada zwar als solides OS präsentiert, doch Design, Features und Handhabung erinnern sehr stark an Android und bieten nur mehr vom Gleichen.

Bedeutung des Betriebssystem reduzieren

Warum sollten sich Entwickler und Kunden für Bada entscheiden, dessen App-Ökosystem noch in den Kinderschuhen steckt, wenn das offenkundige Vorbild Android schon wesentlich weiter entwickelt ist? Für Bada existieren etwa 2.000 bis 3.000 Apps weltweit, die jedoch nicht in allen Märkten verfügbar sind, im Android Market sollen es bereits über 25.000 Apps sein. Martin Wallner, Director Telecommunications Samsung Austria, erklärte gegenüber dem WebStandard, dass Samsung vor allem ein Geräte-Hersteller sei. Dass man nun das eigene System geöffnet habe, sei keine so große Sache. Früher hätten sich die Kunden auch nicht dafür interessiert, welches System auf einem Handy laufe. Android-Handys würden sich außerdem nur mittelmäßig verkaufen. Die Bedeutung des System etwas zu reduzieren, versucht man offenbar auch bei HTC. Ob Android oder Windows Mobile sollte dem Kunden letztendlich egal sein, heißt es von dort. Mit der eigenen Oberfläche Sense wolle man quer über alle Betriebssysteme eine einheitliche User Experience bieten.

Innovationen gefragt

Wenn Microsofts neuer Ansatz gut ankommt, könnten die Redmonder den Markt in Zukunft bestimmen. Wie die Oberfläche von Herstellern mit eigenen Interfaces überdeckt werden kann, dürfte noch nicht ganz klar sein. Laut HTC werde Microsoft hier vermutlich nur wenig Spielraum lassen. Bada macht zwar keinen schlechten Eindruck, doch bietet es nur mehr von dem, was bereits am Markt vorhanden ist. Welches Betriebssystem auf einem Gerät läuft wird wohl auch weiterhin eine wichtige Rolle für die Kaufentscheidung der Kunden spielen, und die wird sich danach richten, wer in punkto Möglichkeiten und Innovationen mehr zu bieten hat. (Birgit Riegler aus Barcelona, derStandard.at 21. Februar 2010)