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Tatsächlich hielt Ex-US-Präsident George W. Bush während einer Lesung in einer Schulklasse einmal ein Buch verkehrt herum. In diesem Fall wurde das Bild aus Anschauungszwecken allerdings manipuliert.

Foto: AP Photo

Dieser Tage ist Photoshop 20 Jahre alt geworden, das wie kein anderes Programm unsere Bilder von der Welt geprägt hat. "Photoshoppen" wurde zum geflügelten Wort, wenn es um die Verhübschung von Fotos geht.

Oder darum, etwas zu zeigen, was gar nicht so ist. Ein Bild des früheren US-Präsidenten George W. Bush, der in einer Schulklasse sitzend ein Bilderbuch verkehrt herum hält, sollte die Einfältigkeit von W. belegen - bloß das Buch wurde in Photoshop umgedreht. Der Präsidentschaftskandidat und Vietnam-Veteran John Kerry mit Jane Fonda gemeinsam bei einer Anti-Vietnam-Rallye in den 70er-Jahren - zu schön für republikanische Fantasien, um wahr zu sein. Die Liste der "Nachbesserungen", auch durch ernsthafte Fotografen, lässt sich beliebig erweitern.

"Verschönert"

Photoshop leistete auch seinen Beitrag zur Magersucht-welle: Fotos von Stars und Models werden routinemäßig verschlankt, Beine werden verlängert, ganz wie es euch gefällt. Und nur selten werden Montagen oder inhaltliche Eingriffe von Medien ausgewiesen (der Standard verweist darauf im Bildtext).

Der Kern des Programms wurde 1987 von Thomas Knoll geschrieben, der eine Doktorarbeit in Computer-Vision abfasste. Sein Bruder John, der in der Star-Wars-Fabrik von George Lucas arbeitete, erkannte das kommerzielle Potenzial des Display getauften Programms zur Bildmanipulation. 1990 brachte es schließlich Adobe auf den Markt, seither entwickelte es sich, Version um Version, zum unangefochtenen hohen Standard unter den Bildprogrammen. Dass es keinen ernsthaften Konkurrenten hat, belegt auch sein stattlicher Preis, der sich über die Jahre bei 800 Euro gehalten hat.

Alter Hut

Fotos sind eben nur scheinbar, was sie vorgeben zu sein: ein realitätsgetreues Abbild der Wirklichkeit. Die Manipulation von Fotos ist so alt wie die Technik selbst. Stalin, der in Ungnade gefallene Personen aus Fotos retuschieren ließ, hätte große Freude mit einem Feature der nächsten Version: Damit können minutenschnell Objekte aus Bildern entfernt werden, der Hintergrund kann so rekonstruiert werden, als ob da nie etwas gewesen wäre.

Kreative Möglichkeiten

Aber das sind Schattenseiten, mit denen Macher verantwortungsvoll umgehen und die Betrachter zu erkennen lernen müssen. Hingegen hat uns Photoshop (und seine Light-Versionen und von ihm inspirierte Techniken) viele kreative Möglichkeiten gebracht, die uns vom Diktat des Augenblicks, in dem wir den Auslöser drücken, befreien. Natürlich wird die Debatte unter Fotografen, ob es denn zulässig sei, das ursprüngliche Bild zu verändern, nicht abreißen. Für die allermeisten Benutzer, die sich der Bildbearbeitung bedienen, ist hingegen das Foto von der Momentaufnahme zu einem Prozess geworden, in dessen Verlauf das endgültige Bild erst entsteht - die ultimative Dunkelkammer. Happy Birthday, Photoshop, wir werden noch viel Spaß haben.

(Helmut Spudich, DER STANDARD/Printausgabe, 25.2.2010)