Die in Yavne entdeckten Tonmodelle sind etwa so groß wie ein Schuhkarton und zeigen Tiere, in diesem Fall Löwen.

Foto: Leonid Padrul

Main/Tel Aviv - Vor acht jahren haben Archäologen etwa 20 Kilometer südlich von Tel Aviv eine in historischer Hinsicht sensationelle Entdeckung gemacht: Die Forscher fanden in einem vergleichsweise kleinen Areal mehrere tausend Kultgegenstände aus dem 9. und 8. vorchristlichen Jahrhundert.

Mittlerweile wurde die erste Fundgruppe rekonstruiert und von einem Wissenschaftlerteam aus Israel und Mainz in einer Publikation vorgestellt. Bei den Funden handelt es sich um Architekturmodelle aus Ton, die einen Kultbau aus den Zeiten der Philister abbilden. Die Wissenschaftler hoffen, dass weitere Auswertungen der Schätze auch einen Hinweis darauf geben, woher die Seevölkergruppe der Philister überhaupt gekommen war.

Im Herbst 2002 führte der israelische Archäologe Raz Kletter, damals in Diensten der israelischen Antikenverwaltung, eine räumlich äußerst begrenzte, aber extrem fundreiche Grabung in Yavne, gut 20 Kilometer südlich von Tel Aviv, durch. Das Grabungsareal beschränkte sich auf eine Grube von gerade einmal 2 Meter Durchmesser und 1,5 Meter Tiefe. Trotzdem entdeckte er hier über 7.000 Kultgegenstände aus dem 9. und 8.  Jahrhundert vor Christi Geburt - so viel war in über 100 Jahren Forschungsgeschichte noch nie in Israel gefunden worden.

Geheimer Fund

Anfangs wurde der Sensationsfund weitgehend geheim gehalten. Die Grabungsarbeiten sollten nicht durch Besucher gestört werden, die dann - vor allem am Wochenende - sich eigenmächtig als Archäologen betätigen und wertvolle Funde mitnehmen könnten. Dann zeigte sich, dass die Funde zuerst umfassend restauriert werden müssen.

Inzwischen ist man mit der Rekonstruktion der ersten Gruppe an Funden; die Ergebnisse der ersten Untersuchungen wurden von einem Wissenschafterteam aus Israel und Mainz veröffentlicht. Die entdeckten Tonmodelle bilden einen Kultbau ab und sind etwa so groß wie ein Schuhkarton. Auf der Vorderseite und auf den Seitenbereichen sind Tiere, vor allem Stiere und Löwen, sowie nackte Göttinnen abgebildet. Insgesamt konnten rund 120 dieser Architekturmodelle rekonstruiert werden. Von offiziellen Grabungen aus über 100 Jahren Forschung finden sich rund 30 Parallelen hierzu. Schon allein dieser Vergleich macht deutlich, welche herausragende Bedeutung der neue Fund für die Kultgeschichte Palästinas hat, so die Forscher.

Kultbestattung

Die in Yavne gefundenen Gegenstände wurden in dieser Grube wohl kultisch bestattet, als sie in einem nahegelegenen, aber bislang nicht ausgegrabenen Heiligtum nicht mehr benötigt wurden. Die Stadt Yavne gehörte in jener Zeit zum Gebiet der Philister, einer Seevölkergruppe, die um 1200 v. Chr. von den Ägyptern angesiedelt worden war.

Außerdem fanden sich in der Grube zehntausende Tonscherben, die nach Angaben der Wissenschafter sich wohl nie mehr vollständig zu Gefäßen zusammensetzt werden können. Der Aufwand würde Jahrzehnte dauern und könnte wohl nie bezahlt werden.

Drogen-Rauch

Ein Schwerpunkt der zukünftigen Forschung soll die Klärung der Frage sein, wofür die Architekturmodelle und die Gefäße eigentlich benutzt wurden. "Auch da zeichnen sich inzwischen sensationelle Ergebnisse ab, die wir aber erst noch durch weitere Untersuchungen überprüfen müssen", meint der Mainzer Wissenschafter Wolfgang Zwickel. "Offenbar wurden darin Materialien verbrannt, die zu Halluzinationen führen können."

Und schließlich hofft er auch, dass die Funde etwas darüber verraten, woher die Seevölker eigentlich kommen. Deren Herkunft ist nämlich noch immer weitgehend ungeklärt. Der ganze Bereich von Albanien bis zur Türkei wurde in die Diskussion eingebracht. Der erste Band der aktuellen Grabungspublikation erscheint in diesen Tagen bei dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) und bei Academic Press (Freiburg/Schweiz). (red)