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Fall einer Augenentzündung infolge Kontaktlinsenschaden.

Foto: APA/Zirm

Schlecht sitzende oder kaputte Kontaktlinsen, ein eingefangenes Staubkorn, Shampoo oder auch intensives Saunieren- Das rote Auge kann viele Ursachen haben, auch Hornhautverletzungen oder Regenbogenhautenzündungen. Schmerzen und Sehstörungen sind Alarmzeichen. Spätestens nach zwei Tagen wäre der Anruf beim Arzt ratsam, Selbstbehandlung ist meist der falsche Weg. derStandard.at hat beim Augenarzt Markus Rossmann nachgefragt.

derStandard.at: Was gibt es für Varianten beim roten Auge?

Rossmann: Im Prinzip handelt es sich um eine Entzündung, die viele Ursachen haben kann. Es kann ein Keim beteiligt sein, es kann sich aber auch um einen Immunprozess handeln. Die Frage ist: Gibt es Sekretbildung oder nicht? Und ist der vordere Augenabschnitt im Sinne einer Regenbogenhautentzündung betroffen oder handelt es sich nur um eine oberflächliche Bindehaut- oder Lidrandentzündung? Um das herauszufinden, muss eine Spaltlampen-Untersuchung gemacht werden. So kann ein Fremdkörper oder eine Verletzung ausgeschlossen werden und eine Regenbogenhautentzündung oder Augendruckerhöhung festgestellt werden.

derStandard.at: Handelt es sich in der Mehrheit der Fälle um eine harmlose Augenentzündung?

Rossmann: Harmlos ist eine Entzündung nie, jedes rote Auge sollte begutachtet werden. Eine virale Infektion ist nicht ungefährlich, sei es epidemisch oder aufgrund von Herpes-Viren etc. Eine bakterielle Infektion ist mit Antibiotika zu behandeln. Es gibt aber auch Reizungen aufgrund von chemischen oder physikalischen Einwirkungen, beispielsweise UV-Licht oder oder aufgrund einer grundsätzlich zu geringen Tränenproduktion. Das muss man genau analysieren.

derStandard.at: Kann man zu einer Eigentherapie raten?

Rossmann: Nein. Wenn jemand aber Allergiker ist und bekannte saisonale Symptome aufweist weil etwa in einem bestimmten Monat typischerweise eine bestimmte Pollenbelastung hat, dann kann es sich um eine allergische Bindehautentzündung handeln. Da kann man unter kritischer Selbstbeobachtung die Tropfen verwenden, die das letzte Mal geholfen haben.

derStandard.at: Helfen Weißmacher?

Rossmann: Davon rate ich ab. Das sind gefäßverengende Medikamente, die in die Balance des vegetativen Nervensystems eingreifen. Für längere Anwendungen sind Weißmacher ungeeignet. Wenn man kurzfristig einen gesellschaftlichen Termin hat und man nimmt ein paar Tropfen gegen die Augenreizung, so ist das kein Drama. Eine nachhaltige Lösung ist es aber nicht weil es nur das Symptom bekämpft, mit einem kosmetischen Effekt.

derStandard.at: Taugen alte Hausrezepte wie etwa Augen auswaschen mit Kamillentee?

Rossmann: Kamille ist schlecht weil es austrocknend wirkt. Bei Benetzungsproblemen tut eine kühle Gesichtswäsche mit Wasser auf das geschlossene Auge gut, mit einem Blinzeln zum Schluss - Damit auch ein wenig Wasser ins Auge hinein kommt. Das ist gerade für ältere Menschen ratsam, die nur mehr eine mäßige Befeuchtung haben. Vorher sollte aber sichergestellt werden, dass keine gravierende Augenerkrankung vorliegt.

derStandard.at: Wie behandelt man eine bakterielle Infektion? Ab in die Apotheke oder gleich zum Augenarzt?

Rossmann: Der Augenarzt sollte abklären, um welches Ausmaß es sich bei einer bakteriellen Infektion handelt. Beim Apotheker bekommt man keine lokalen Antibiotika sondern leicht abschwellende Mittel oder Homöopathisches. Das wird wahrscheinlich zu schwach sein.

derStandard.at: Wie ist die Handhabung in Kindergärten oder Schulen?

Rossmann: In diesem Bereich geht es meistens um ansteckende Keime. Das Kind hat seine Hände überall, es gibt regen Kontakt mit den Altersgenossen. Eine massive Bindehautentzündung kann die Folge sein wenn die Infektion über das Sekret erfolgt. Da empfiehlt es sich, das Kind für ein paar Tage aus dem Kindergarten oder der Schule zu nehmen um nicht andere anzustecken.

derStandard.at: Wie ist der Heilungsverlauf?

Rossmann: Üblicherweise dauert es bei einer infektiösen Sache nicht länger als bei einer Verkühlung, also eine gute Woche. Eine Regenbogenhaut- oder eine Hornhautentzündung kann lange dauern und chronisch werden. Auch eine Lidrandentzündung kann hartnäckig sein, manche Betroffene leiden dann unter Hautproblemen und haben eine gestörte Talgproduktion.

derStandard.at: Eine virale Infektion gepaart mit einer bakteriellen Infektion ergibt eine Superinfektion. Oder ist das per se eine bakterielle Infektion?

Rossmann: Das gibt es durchaus. Um eine Superinfektion handelt es sich, wenn eine Infektionskrankheit der nächsten den Boden bereitet. Das wird auch antibiotisch behandelt.

derStandard.at: Kann man ein rotes Auge mit Betaisodona desinfizieren? 

Rossmann: Ja, mit entsprechender Verdünnung. Das Problem bei Betaisodona ist, dass es wie auch alle anderen Medikamente epithel-toxisch ist. Es muss hoch verdünnt werden und das sollte unter augenärztlicher Aufsicht geschehen. Die konzentrierte Lösung wäre zu scharf.

derStandard.at: Kann die Entzündung von einem zum anderen Auge wandern?

Rossmann: Die Infektion kann man durch die Hand und das Sekret leicht übertragen. Wird ein Taschentuch verwendet, sollte es nach Gebrauch sofort weggeschmissen werden. Bei Tropfen birgt schon die Berührung der Fläschchen-Spitze die Gefahr, die Keime auf das zweite Auge zu übertragen - wenn sie durch die Wimpern oder die Lidkante kontaminiert wird. Es kann sinnvoll sein, zwei Fläschchen für beide Augen zu verwenden.

derStandard.at: Welche Schäden kann man von einer Entzündung davon tragen?

Rossmann: Oft mitschuldig sind Kontaktlinsen. Speziell die Monatslinsen werden häufig nicht adäquat verwendet weil sie zu lange getragen werden und dadurch kontaminiert sein können. Es bildet sich ein Keimreservoir und in der Folge können Hornhautentzündungen mit Infiltraten entstehen. Das sind kleine Abszesse in der Hornhaut, die nur in Form von Narben abheilen. Es gibt aber auch Keime bei Kontaktlinsen, die höchst problematisch sind und letztendlich sogar eine Keratoplastik, also eine Hornhauttransplantation, notwendig machenkönnen. Eine Bindehautentzündung sollte im Normalfall wieder abklingen. Eine Rolle spielt auch der Tränensack als Keimreservoir, aus dem über die Tränenkanälchen erneut Keime an die Oberfläche des Auges aufsteigen.

derStandard.at: Wie weit ist es bis zur Keratokonjunctivits epidemica? Herrscht Meldepflicht?

Rossmann: Die Keratokonjunctivits epidemica ist wie der Name schon sagt, in der Akutphase die mit Sekretion einhergeht, in hohem Maße ansteckend. Soziale Kontakte sollten weitestgehend gemieden werden, auch wenn sich Zärtlichkeiten manchmal nicht vermeiden lassen. Ein Merkmal der Adenoviren-bedingten Keratkonjunctivits sind scheibchenförmige Hornhauttrübungen, das kann hartnäckig sein. Eine Meldepflicht liegt aber nicht vor. (Florian Vetter, derStandard.at, 27.4.2010)