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Finanzminister Pröll: "Es muss verhindert werden, dass man zu spät draufkommt, dass mit dem Budget Schindluder getrieben wird."

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Finanzminister Josef Pröll verlangt, dass in der Eurozone neben Staatsschuld auch Wettbewerbsfähigkeit von Ländern und die Lohnpolitik streng überwacht werden. Mit ihm sprach Thomas Mayer.

STANDARD: Was sind die zentralen österreichischen Forderungen zu einer EU-"Wirtschaftsregierung" ?

Pröll: Die Taskforce der Finanzminister soll Motor für die Aufstellung der Eurozone sein. Wir brauchen einen klaren Schwerpunkt bei der Vertiefung der Wirtschaftskoordination und bei der Verschärfung des Stabilitätspaktes.

STANDARD: Konkret was?

Pröll: Dass etwa die Zahlen und das Datenmaterial aus den Ländern von der EU-Behörde Eurostat stärker kontrolliert werden können, es einen Durchgriff in der Frage der Datenverwaltung gibt. Dann müssen EU-Kommission und Europäische Zentralbank eine stärkere Controlling-Funktion in Bezug auf die Budgetgebarung der Länder bekommen. Und wir müssen uns unterhalten über entsprechende Sanktionen.

STANDARD: Sollen Eurostat-Prüfer in Hauptstädte fahren und in die Bücher schauen können?

Pröll: Ja, ich bin dafür, dass hier stärker Einsicht, Durchsicht und Durchgriff möglich ist.

STANDARD: Wie weit soll die Komission beim Budgetcontrolling gehen können?

Pröll: In der Eurozone muss es eine frühzeitigen Korrekturmöglichkeit geben. Man muss wissen, was läuft, während des Budgetjahres, nicht hinterher, mit den entsprechenden Beschlüssen in der Eurogruppe. Damit ist nicht gemeint, dass man in die politische Zielsetzung der Länder eingreift, das wäre das Falsche. Aber Kommission und Eurogruppe sollen ständig Plan und Ablauf im Budgetvollzug begleiten. Es muss verhindert werden, dass man zu spät draufkommt, dass mit dem Budget Schindluder getrieben wird.

STANDARD: Wie soll der Stabilitätspakt verschärft werden?

Pröll: Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass neben den Schuldenkriterien von drei Prozent BIP beim Defizit und 60 Prozent bei der Gesamtschuld ein anderer Aspekt in den Vordergrund kommt, nämlich die Wettbewerbsfähigkeit der Eurogruppenländer untereinander. Wie entwickeln sich die Wettbewerbskurven, die die Währungsunion gefährden? Da muss mehr integriert werden, da muss es mehr Stabilisatoren geben.

STANDARD: Nach welchen Indikatoren soll das geschehen?

Pröll: Die sind klar. Wenn ich mir anschaue, dass Griechenland eine Lohnzunahme von 100 Prozent bei den Beamten gehabt hat und Österreich im gleichen Zeitraum 26 Prozent, so muss man darauf einen Blick haben. So etwas kann man nicht nur kommentieren, da muss man auf Regierungen einen Druck erzeugen können, derartiges hintanzuhalten.

STANDARD: Soll die Kommission sagen können: Bitte, Land X, Zurückhaltung in der Lohnentwicklung.

Pröll: Wir müssen in der Eurogruppe viel stärker Verantwortung füreinander wahrnehmen, ganz klar aufzeigen, wo Fehlentwicklungen sind, und dann den Druck erhöhen. Da sage ich klar Ja.

STANDARD: Soll es einen Europäischen Währungsfonds geben?

Pröll: Wir werden darüber reden müssen. Wir brauchen eine grundsätzlich neue Wirtschafts-, Währungs- und Fiskalpolitik. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.5.2010)