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Luftaufnahme eines Solarkraftwerks in in der Mojave-Wüste in Kalifornien. Die Vision vom umweltfreundlichen Sonnenstrom rückt auch für Europa immer näher.

Foto: AP/Solar Systems

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Grafik: APA

Es klingt ein bisschen wie Utopie aus einem Mittelklasseroman: Bis 2050 sollen riesige solarthermische Anlagen in Nordafrika 15 Prozent des Strombedarfs in Europa decken. Sonnenstrom, Technik aus der Wüste - im Oktober vergangenen Jahres ist das Projekt Desertec geboren. Gegründet wird das futuristische Projekt vorerst von zwölf Partnern, im Laufe der Zeit kauft sich auch die OMV als bislang einziges österreichisches Unternehmen als beobachtender Partner ein.

Während die Desertec-Initiative noch Verbündete sucht, wird in Spanien längst Strom aus Sonne gewonnen. Am Fuß der Sierra Nevada setzt man nicht auf teure Solarzellen, sondern auf deutlich wirtschaftlichere solarthermische Kraftwerke. Dabei wird Sonnenlicht in Hitze umgewandelt. Was sich anschließt, ist ein konventionelles kalorisches Kraftwerk - mit dem entscheidenden Unterschied zu Atom- oder Kohlekraftwerk, dass der Brennstoff Sonne kostenlos ist und nicht versiegt.

Paul van Son, CEO von Desertec Industrial Initiative: "Die Idee ist nicht neu. Bereits im Jahr 1912 installierte ein US-Amerikaner Paraboltechnologie in Ägypten. Die Entwicklung setzte sich nicht durch, weil die Plünderung der Speicher der Erde sowohl billiger als auch wirtschaftlicher war." Dennoch - nach ca. 150 Jahren Nutzung fossiler Energie, droht diese Quelle zu versiegen. Hinzu kommt ein Umdenken bei umweltpolitischen Fragen und die daraus folgenden Klimaziele für 2020. Der Co2-Ausstoß soll bis 2020 um 20 Prozent reduziert werden, eine Aufstockung auf sogar 30 Prozent ist nach heutigen Gesichtspunkten denkbar. Van Son: "Desertec ist somit ein brandheißes Thema, aber auch ein umstrittenes."

"Für alles offen"

Das Konzept für das Wüstenprojekt stehe zwar seit Anfang des Jahres, welche Technologien schlussendlich aber zum Einsatz kämen, sei noch ungeklärt. "Wir sind für alles offen." Drei Jahre sind für weitere Vorbereitungen und den  Finanzierungsplan anberaumt. Doch die Zeit drängt. Van Son: "Die Bevölkerung in Afrika wächst rasant. Wenn wir uns heute nicht bereits nach Erneuerbaren Energien umsehen, haben wir in spätestens 40 Jahren ein Problem."

Der Kritik, den Afrikanern wäre das Projekt nicht vorgestellt, quasi im "Kolonialstil aufgedrängt" worden, tritt der CEO vehement entgegen. Die Menschen seien sehr selbstbewusst und hätten klare Vorstellungen über den Wert des zur Verfügung gestellten Landes. Auch wolle man verstärkt in die lokale Bildungspolitik investieren, um den Bewohnern vor Ort die Bedeutung der Sonnenenergie-Nutzung näher zu bringen. Gefahrenpotenzial bei der Stromübertragung durch überwiegend Oberleitungen - etwa durch den politisch instabilen Tschad - nach Europa sieht der Niederländer nicht. "Die Länder sind alle sehr sicher."

Österreich könnte durch seine zentrale europäische Lage dank Desertec zur Drehscheibe der Stromversorgung werden - ein Punkt, der nicht unumstritten bleibt. Österreicher liebten Kraftwerke, aber keine Leitungen, so der Grundtenor der Kritik. Van Son winkt ab, schließlich würden die wirtschaftlichen Vorteile überwiegen. Dasselbe gelte für die Kosten, die in die zig-Milliarden gehen. "Den Break Even werden wir in zehn bis 15 Jahren erreichen."

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Optimale Technologien, um aus Wind in Wüstenumgebung Strom zu gewinnen, müssen noch gefunden werden, sowie Möglichkeiten einer Strom-Übertragung auf einer Länge von 1.700 Kilometern. Viel Arbeit für alle Beteiligten. Mit einer Ausnahme: "Die Sonne ist schon bei der Arbeit", so van Son. (Sigrid Schamall, derStandard.at, 15.6.2010)