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Das schwarze Gold wird zum schwarzen Tod: Angesichts der Katastrophe im Golf wird der Ruf nach Alternativen zum Öl laut - auch in der US-Politik

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BP-Chef Tony Hayward will neben dem Treuhandfonds im Umfang von 20 Milliarden Dollar, 100 Millionen Dollar für Ölarbeiter bereitstellen, die durch die Katastrophe arbeitslos geworden sind. Um die Entschädigungen zu finanzieren, will BP in diesem Jahr keine Dividenden an seine Teilhaber auszahlen

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Der Erdölriese BP ist bereit, 20 Milliarden Dollar an die Opfer der Ölpest im Golf von Mexiko zu zahlen. Das vereinbarten Firmenmanager mit US-Präsident Barack Obama, der sich als Kämpfer gegen die Umweltkatastrophe präsentiert. Der Energiekonzern will das Geld über vier Jahre verteilt in einen Fonds überweisen. Aufsichtsratsvorsitzende Carl-Henric Svanberg äußerte tiefstes Bedauern über das Umweltdesaster: "Wir entschuldigen uns im Namen aller Beschäftigten (...) beim amerikanischen Volk". Der britische Ölriese BP wird als Konsequenz aus der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko in diesem Jahr keine Dividenden an seine Teilhaber mehr auszahlen

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Es war das erste persönliche Treffen führender BP-Manager mit US-Präsident Barack Obama seit im Golf von Mexiko ungehindert Erdöl aus einem lecken Bohrloch ins Meer fließt. Das Resultat: BP ist bereit zu zahlen. Von 20 Milliarden Dollar (16,3 Milliarden Euro) für die Opfer der Ölpest war nach dem zweistündigen Gespräch die Rede, an dem unter anderem BP-Aufsichtsratsvorsitzender Carl-Henrik Svanberg teilgenommen haben soll.

Auszahlung über unabhängigen Fonds

Ob die Aufbringung des Geldes die Auszahlung der BP-Vierteljahresdividende schmälern wird, war vorerst nicht klar. Ausgezahlt werden soll die Entschädigung über einen Fonds, dem der Rechtsanwalt Kenneth Feinberg vorsteht. Feinberg hat auch schon die Entschädigungen an Opfer der Ter-roranschläge am 11. September 2001 beaufsichtigt.

Obamas Schlachtplan

"Dies ist die größte Umweltkatastrophe, die Amerika je erlebt hat" , hatte Obama davor in einer Fernsehansprache verkündet: Eine bittere Einsicht, für die er erstmals in seiner Amtszeit jene Kulisse wählte, die US-Präsidenten immer suchen, wenn sie die Nation in einer Krise hinter sich scharen wollten. Direkt von seinem Arbeitstisch im Oval Office aus, neben den Fotos seiner Töchter, blickte er zur besten Sendezeit den Zuschauern direkt ins Gesicht. "Heute Abend werde ich Ihnen unseren Schlachtplan für die nächste Zeit skizzieren" , sagte er in der bewusst gewählten Pose des Oberkommandierenden.

Für Amerikaner hat Krisenmanager versagt

Viele Amerikaner glaubten, dass der Staat den Herausforderungen am Golf von Mexiko nicht gewachsen sei: "Doch dasselbe wurde von unserer Fähigkeit gesagt, im Zweiten Weltkrieg genügend Panzer und Flugzeuge bauen zu können." Bis hin zur Schlusspassage, in der er um göttlichen Beistand bat, bot Obama alles auf, was die US-Bürger von ihrem "Vater der Nation" in Krisenzeiten wünschen. Doch reicht das? 52 Prozent der Amerikaner glauben laut einer neuen Umfrage der Nachrichtenagentur AP, dass er als Krisenmanager versagt hat - das sind Dimensionen, wie sie sein Vorgänger George W. Bush nach dem Hurrikan Katrina erlebt hat.

BP soll Obama Deckung bieten

Auch ein paar neue Initiativen hatte Obama deshalb im Köcher. Ein ehemaliger Generalstaatsanwalt soll in der korrupten Rohstoffbehörde aufräumen. Einen Beauftragten für den Wiederaufbau der Golfküste hat er ernannt, der zusätzlich zu den Folgen des Öls auch frühere Schäden durch Erosion und Hurrikane in den Blick nehmen soll. Doch vor allem BP soll Obama Deckung bieten. Bei den Attacken auf die Firma nahm er kein Blatt vor den Mund. "Skrupellos" sei BP gewesen.

Zwischenfall kurz vor der Rede

Doch all das lag im Schatten neuer Hiobsbotschaften. Ein Zwischenfall auf einem Schiff zwang BP nur Stunden vor der Rede an die Nation zu einer Pause beim Absaugen des Öls. Das durch einen Blitzeinschlag hervorgerufene Feuer konnte zwar schnell gelöscht werden, erinnerte aber daran, wie sehr der Kampf gegen die Ölpest vom Wetter abhängt.

Zwölfmal mehr Öl im Meer als angenommen

Trotz der laufenden Hurrikansaison war es im Golf von Mexiko bisher relativ ruhig. Aber das wird nicht so bleiben. Schlimmer noch: Eine neue Schätzung der Ölmenge kommt auf katastrophale Zahlen. Bis zu zehn Millionen Liter täglich treten aus. Das ist zwölfmal mehr, als BP kurz nach dem Unglück geschätzt hatte.

Tanker Exxon Valdez alle vier Tage

Alle vier Tage strömt damit die Ölmenge des Tankers "Exxon Valdez" ins Meer, der 1989 die fragilen Küsten Alaskas auf Jahre und Jahrzehnte verseuchte. Allein die fortbestehende Ungewissheit, was in 1500 Metern Meerestiefe tatsächlich passiert, ließ Obamas Versprechen, dass binnen Tagen oder Wochen bis zu neunzig Prozent des austretenden Öls eingefangen werden könnten, als wenig belastbar erscheinen.

Obama kündigt grüne Energiewende an

Den Befreiungsschlag suchte Obama in der Vision einer grünen Energiewende, die schon lange von ihm propagiert wird: "Wir konsumieren mehr als zwanzig Prozent des Öls auf der Welt, aber wir haben nur weniger als zwei Prozent der globalen Reserven."

Angst vor Belastungen der schwächelnden Wirtschaft

Doch immer noch wollen viele Amerikaner nichts davon hören, dass das Unglück am Golf ihre Sucht nach Öl infrage stellen könnte. Die Angst vor weiteren Belastungen der schwächelnden Wirtschaft ist in der Öffentlichkeit zu groß.

Klimaschutzgesetz vom Senat blockiert

Selbst mit seiner vorsichtigen Andeutung, dass das Desaster doch ein Argument für das im Sommer 2009 vom Repräsentantenhaus beschlossene, aber vom Senat blockierte Klimaschutzgesetz sei, biss Obama vor allem bei den Republikanern auf Granit. "Diese Ölquelle wird nicht dadurch gestopft, dass wir den CO2-Ausstoß deckeln" , sagte der republikanische Kongressabgeordnete Mike Pence. Das Unglück im Golf erscheint in klassischer US-Denkart nicht als Strukturproblem. Die Ereignisse rufen schlicht nach einem besseren Sheriff. (Andreas Geldner aus Washington, red, DER STANDARD Printausgabe 17.6.2010)