Der erfolgreichste Berater aller Zeiten ist, so rechnen es Zeitungen immer wieder vor, Bill Clinton. Der US-Präsident von 1992 bis 2000 hat im ersten Jahr seiner "Pension" so viel verdient wie in seinen Amtszeiten als Gouverneur von Arkansas und Präsident der USA zusammengerechnet. 80 Prozent seiner Honorare kommen heute noch aus der Finanzwirtschaft, steuerschonend wirken seine humanitären Engagements wie jenes bei der Bekämpfung von Aids.

"Berater" haben bei einer spontanen Umfrage im Anschluss an eine Ökonomie-Vorlesung einer deutschen Universität 70 Prozent der Studierenden als Traumjob genannt. Dabei sind vor allem Namen wie Bill Clinton, Gerhard Schröder und Joschka Fischer gefallen.

Eine Momentaufnahme. Aber eine typische, weil der "Berater" im Rufe steht, dass man ohne fixe Arbeitszeiten, aber mit einem guten Beziehungsnetzwerk rasch viel Geld verdienen kann.

Jüngstes Beispiel ist Alfred Gusenbauer, Kurzzeit-Kanzler der Republik Österreich. 60.000 Euro hat er kurz nach seinem Sturz für eine Beratertätigkeit bei der Hypo Alpe Adria bekommen - jener Bank, die er kurz davor zwangsverstaatlicht hat und von der er wusste, dass sie der Geldscheißer des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider war.

60.000 Euro sind wenig im Vergleich zu den Summen, die im Umkreis Karl-Heinz Grassers an Berater-Honoraren zirkulierten. 60.000 Euro aber sind viel für einen Mann, der als Politiker nicht müde wurde, eine Art neuer Sozialdemokratie zu entwickeln und den so genannten Neoliberalismus zu bekämpfen. Das war, ähnlich wie beim 68er Joschka Fischer, eine klare historische Linie vom Juso zum Chef einer Sozialpartei.

Warum dann dieser plötzliche Schwenk? Gusenbauer hat ja offenbar nicht einmal den ehemaligen Ministranten in sich wiederentdeckt und versucht, die Kärntner Hypo wieder auf den rechten Weg zu bringen. Er ist direkt vom Paulus zum Saulus geworden.

Es ist müßig darüber zu grübeln, wie sich die geistige Haltung so total verändern kann, ob es sich um die Lösung finanzieller Zwangslagen handelt oder um blanken Zynismus.

Einen Riegel soll es geben, wie die Grünen vorgeschlagen haben - für den Finanzminister auch der SPÖ-Klubchef. Spitzenpolitiker sollen nicht von einem an Unabhängigkeit gebundenen Spitzenjob direkt in Wirtschaft und Industrie wechseln können. Denn diese Aussicht verdirbt möglicherweise bereits vorher das Verantwortungsbewusstsein. Eine "Cool-down-Phase" von zwei Jahren wäre daher angebracht.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf ist dagegen und meint, es wäre doch gut, wenn Regierungsmitglieder postwendend bei staatsnahen Unternehmen arbeiten würden. Die könnten davon nur profitieren.

Die Hypo Alpe Adria ist ein Paradebeispiel für staatsnah. Kopf stellt Gusenbauer also einen Persilschein aus. Ein heroisches Beispiel für koalitionäre Nähe. Gleichzeitig aber vorausblickend: Nicht nur die SPÖ, auch die ÖVP braucht ein personelles Reservoir für Posten in Staatsnähe. Man wird sich doch nicht selbst den Geldhahn abdrehen. (Gerfried Sperl, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 2.8.2010)