Wien - Peter Pilz lässt nicht locker. Und er versucht weiter, Ungereimtheiten im "Fall Kampusch" aufzuzeigen - und vor allem zu belegen, dass es sehr wohl eine Vertuschung vonseiten der ÖVP gegeben hat, um vor der Nationalratswahl 2006 von Fehlern bei den Ermittlungen abzulenken. Er sieht die Verheimlichung aber nicht nur aufseiten der Exekutive, sondern auch bei der Staatsanwaltschaft - während Natascha Kampusch seinen Theorien teilweise widerspricht.

In drei Teilen verbindet der grüne Politiker in seinem Weblog die unterschiedlichsten Quellen: Die sieben Vernehmungsprotokolle von Natascha Kampusch aus dem Jahr 2006, Aussagen von Beamten und Politikern vor der "Adamovich-Kommission", der "Soko Vorarlberg" (die 2008 mit der erneuten Aufarbeitung des Falles betraut wurde, Anm.) und Mails zwischen dem ehemaligen Bundeskriminalamts-Direktor Herwig Haidinger und Untergebenen und Vorgesetzten.

"Einiges deutet auf einen zweiten Täter oder zumindest einen Mitwisser hin. Aber ein zweiter Täter passt ebenso wenig ins Bild der erfolgreich abgeschlossenen Ermittlungen wie eine schwere Panne vor acht Jahren", folgert Pilz aus Aussagen in der ersten Vernehmung Kampuschs. Etwa dass nach ihren Angaben Priklopil nach dem Kidnapping mit ihr zwei Stunden herumgefahren sei, schließlich in einem Waldstück ein Telefonat geführt und anschließend gesagt habe, dass "die anderen nicht gekommen sind".

Klare Indizien

Für Pilz sind das klare Indizien, dass es zumindest Mitwisser, möglicherweise aber auch Mittäter gegeben hat. Was Kampusch selbst eher nicht so sieht. Nach dem - nicht rechtskräftigen - Freispruch für Ernst H. in seinem Prozess um mögliche Fluchthilfe für den Entführer Wolfgang Priklopil (siehe Artikel oben) erklärte die 22-Jährige der Austria Presse Agentur: "Ich hoffe, dass die Mittäter-These nun endgültig verworfen wird, sofern sich nicht wirklich stichhaltige Hinweise dazu finden sollten."

Peter Pilz glaubt dagegen, dass nach diesen nicht gesucht worden ist. Denn der zuständige Staatsanwalt habe keinen einzigen Ermittlungsschritt gegen mögliche Mittäter angeordnet, ehe er den Akt geschlossen hat. "Die Politische Abteilung der Staatsanwaltschaft funktioniert wie gewohnt. Sie will nur wissen, was sie wissen soll", sagt der Politiker.

Bei der Wiener Anklagebehörde will man das nicht kommentieren. "Die Anschuldigungen sprechen für sich selbst", sagt Sprecher Thomas Vecsey. (moe/DER STANDARD-Printausgabe, 31.8.2010)