Genf - Bei Herzpatienten mit besonders schwerer Krankheit ist eine Katheteroperation langfristig besser als die Stentsetzung. Zu diesem Schluss kommt eine Langzeitstudie, die am gestrigen Sonntag am Kongress der Europäischen Herzchirurgen in Genf präsentiert wurde. Experten sehen das Ergebnis als "Flurbereinigung" nicht nur für die behandelnden Ärzte, sondern auch für Patienten, die aufgrund der beiden Optionen oft verunsichert sind.

Zwei Behandlungen für gleiches Ziel

Von den beiden Alternativen Bypass und Stent ist die zweite diejenige, die weit häufiger zur Anwendung kommt. 17.000 Stents werden in der Schweiz jährlich gesetzt, informiert die Schweizerische Herzstiftung. Dabei wird ein mit Medikamenten beschichtetes Röhrchen aus Metallgitter per Katheter zur verengten Stelle vorgeschoben und das Gefäß somit von Innen gestützt. Beim Bypass überbrückt man einen verengten Gefäßabschnitt mit einem natürlichen Gefäß, was in der Schweiz nur 4.000 mal pro Jahr geschieht.

Die nun bereits drei Jahre andauernde Syntax-Studie vergleicht die Behandlungsoptionen bei 1.800 Patienten. Beide Alternativen erfüllen denselben Zweck und liefern bei einfachem Krankheitsbild auch das gleiche Ergebnis. Anders ist die Situation jedoch bei Patienten mit besonders schwerem Krankheitsbild. Je ausgeprägter und komplexer das Leiden, desto besser schnitt die Bypass-OP ab. "Herzinfarkt oder Hirnschlag waren trotz gleicher Ausgangslage in drei Jahren bei den Patienten häufiger, die mit Stent behandelt wurden", so Studienleiter Pieter Kappetein.

Bypass bewährt sich

Nach einem Bypass kam es im gleichen Zeitraum zu weniger Wiederverengungen und bei schwerer Krankheit sogar nur zur Hälfte der Todesfälle. Laut Ludwig von Segesser, dem Präsident der Herzstiftung, bestätigt das die bisherige Vorgehensweise. "Bei schweren Komplikationen wie etwa bei einer Verengung am Hauptstamm der linken Herzkranzarterie oder bei einer gleichzeitigen Verengung von drei Herzkranzgefäßen war Bypass bisher schon Goldstandard", so der Experte.

Dass Bypass-OPs bei schweren koronaren Erkrankungen die Nase vorne haben, ist laut Kappetein auf die Form des Eingriffs zurückzuführen. "Je ernster die Erkrankung, desto mehr Stents müssen gesetzt werden. Bei fünf Stents statt nur einem steigt auch das Risiko, dass etwas daneben geht", erklärt der Forscher von der Erasmus-Universität Rotterdam.


Kardiologie und Herzchirurgie gefordert

Da Patienten im Normalfall stets den minimalen Eingriff einer Operation bevorzugen, lieferte die Syntax-Studie für den Kongress einigen Diskussionsstoff. Wie im Einzelfall zu entscheiden sei, sollten Kardiologen und Herzchirurgen am besten im Team überlegen, fordert Kappetein. "Bei leichten Krankheitsformen gibt es kaum Unterschiede. Doch auch bei schwereren Erkrankungen gilt es, andere Erkrankungen wie etwa jene der Lunge in der Entscheidung zu berücksichtigen." In fünf Jahren soll eine Nachfolgestudie präsentiert werden, die eine neuere Stent-Generation bei milden Krankheitsformen unter die Lupe nimmt. (pte)