Was Uruguay Österreich voraushat: Jedes Volksschulkind erhält ein eigenes Notebook. Jetzt arbeitet das Land an Lehrerbildung und Methoden zum Einsatz.

Foto: OLPC

Uruguay ist zum Vorzeigeland für die internationale Bildungsinitiative One Laptop per Child (OLPC) geworden: Seit 2007 wurden 400.000 Volksschulkinder und rund 20.000 Lehrerinnen und Lehrer mit den robusten Billignotebooks XO der Initiative ausgestattet.

Plan Ceibal, so der Projektname (Ceibal steht für Bildungsplan für Online-Learning, ist aber auch der Name eines in Uruguay beheimateten Baums), ist das bildungspolitische Erbe von Präsident Tabaré Vázquez, dessen Amtszeit 2009 zu Ende ging. "Es gibt keine Entwicklung ohne Innovation. Der Zugang zu Computern für alle macht Uruguay zum vernetztesten Land der Welt", erklärte der Mediziner und Universitätsprofessor seine Beweggründe.

90 Prozent der Schulen Anschluss an Internet

Der organisatorische Teil des Projekts, die Verteilung hunderttausender Notebooks, sei gelungen, bestätigt Christoph Derndorfer vom Verein OLPC Austria. Neun Wochen lang studierte der Wiener Informatik-Student vor kurzem OLPC-Projekte in Uruguay, Paraguay und Peru. "Das ist ja keine triviale Aufgabe, 400.000 Laptops an Schüler zu verteilen. Dabei entdeckte man zum Beispiel in Uruguay tausende Kinder, die vom System bisher nicht erfasst waren", beschreibt er.

In Uruguay, das aufgrund seines relativen Wohlstands gern als "die Schweiz Lateinamerikas" tituliert wird, sind die Bedingungen für den Einsatz der Notebooks inzwischen sehr gut: Die Alphabetisierungsrate liegt nahe hundert Prozent, 98 Prozent der Schulen haben Anschluss an das Internet, und die Hälfte aller Kinder lebt weniger als 300 Meter von einem Internet-Hotspot entfernt, beschreibt Derndorfer. "Die schwierige Aufgabe ist jetzt: Wie kann man die Laptops einsetzen, die ja nur Mittel zum Zweck sind", sagt Derndorfer zum Standard. "In Nepal etwa hat man Mathe und Englisch als Kernbereiche identifiziert, für die jetzt Materialien zum Lernen daheim entwickelt werden."

Lehrerausbildung

Bei den meisten E-Learning-Initiativen habe man bisher zu wenig auf Lehrerbildung gesetzt. Der Ansatz des OLPC-Initiators Nicholas Negroponte vom Massachusetts Institute of Technology, Geräte zu verteilen, die autonomes Lernen ermöglichen, würde in der Praxis nicht ausreichen, sagt Derndorfer. "Rund 15 Prozent der Kinder können sich mit Software und Internet viel selbst aneignen, Spiele entwickeln und Ähnliches. Andererseits gibt es einen ähnlichen Prozentsatz, der mit dem Tool nichts anfangen kann", und eine große Zahl dazwischen, die Anleitung brauchen. In Uruguay würde man jetzt an der Ausbildung arbeiten, "Lehrer müssen die soziale Verantwortung für das Projekt übernehmen". So gibt es u. a. tägliche TV-Sendungen, die Methoden des Laptopeinsatzes zeigen. Sein Know-how macht Uruguay zunehmend zur Anlaufstelle für OLPC-Projekte in anderen Ländern. So entwickelte man auch ein landesweites System zur Wartung und Reparatur der Notebooks. (Helmut Spudich/ DER STANDARD Printausgabe, 6. Oktober 2010)

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