In einem Brief an die Inforedakteure des ORF kritisierte Infodirektor Elmar Oberhauser die Bestellung von Fritz Dittlbacher zum TV-Chefredakteur (Artikel) und kündigte an, über seinen Rücktritt nachzudenken. etat.at bringt Oberhausers Ausführungen im Wortlaut:

"Ich möchte Sie aus meiner Sicht über die Hintergründe der gestrigen Chefredakteursentscheidung, die hinsichtlich der Vorgangsweise eine absolute Einmaligkeit darstellt, informieren.

Ich bin dieser Personalentscheidung von Beginn an sehr offen gegenüber gestanden und habe schon vor und während der offiziellen Bewerbungsfrist mit allen infrage kommenden KollegInnen mehrere ausführliche, sehr offene Gespräche geführt.

Der Chefredakteur der FI 1 ist mein wichtigster Mitarbeiter und mein oberstes Ziel war es immer, die Sauberkeit und Unabhängigkeit in der Berichterstattung, die wir uns gemeinsam in den letzten Jahren erfolgreich erkämpft haben, auch für die Zukunft zu sichern. Nach den erwähnten, zahlreichen Gesprächen, bin ich zur Auffassung gelangt, dass ein Chefredakteur Armin Wolf, auch nach außen hin, ein einmaliges Signal wäre, zu bekunden, dass wir es mit Unabhängigkeit und Sauberkeit ganz ernst meinen.

Aus diesem Grund habe ich mich nach langem Nachdenken entschlossen, Armin Wolf für die Funktion des Chefredakteurs vorzuschlagen.

Das war kein Vorschlag gegen Fritz Dittlbacher, sondern eine Entscheidung für Armin Wolf. Und ich habe diese Entscheidung, nachdem sie in meinem Kopf gefallen war, auch allen Beteiligten gegenüber kommuniziert.

Ich habe natürlich auch die große Zustimmung für Fritz Dittlbacher in der Redakteursversammlung zur Kenntnis genommen. Aber wenn das jetzt das entscheidende Argument war, wieso dann nicht auch bei der vor kurzem erfolgten Bestellung der HAL's in der FI 2 und FI 9 ?

Ich stehe nicht an, einmal mehr, zu betonen, dass ich Fritz Dittlbacher für einen exzellenten Journalisten und einen erstklassigen Mitarbeiter halte. Und es tut mir sehr leid, dass Fritz Dittlbacher hier, ohne sein Zutun, in die Mühlen der Parteipolitik geraten ist.

Ich habe aber sehr schnell bemerkt, dass die Entscheidung für die Bestellung des Chefredakteurs ohne mich längst gefallen war. Um aus der schwierigen Situation heraus zu kommen, habe ich dem Generaldirektor mehrere Alternativ- und Kompromissvorschläge unterbreitet. Einer davon war Stefan Ströbitzer. Ich möchte hier noch einmal dokumentieren, dass ich von der Bestellung Stefan Ströbitzers zum Hörfunk Chefredakteur erstmals aus der APA erfahren habe.

Alle diese Kompromissvorschläge hatten das Ziel sicher zu stellen, dass unsere Personalentscheidungen ausschließlich hier im Haus und nicht in der Zentrale einer Partei getroffen werden. Kein einziger dieser Vorschläge wurde akzeptiert. Ich darf daran erinnern, dass ich vor wenigen Monaten erfolgreich verhindert habe, dass Personalwünsche der ÖVP, die offensichtlich mit der SPÖ akkordiert waren, erfüllt wurden.

Nun bin ich in einer schwierigen Situation. Es geht nicht darum, dass ich nicht akzeptiere, dass der Generaldirektor die Letztentscheidung hat, es geht um das 'Wie'.

Ich muss nun zur Kenntnis nehmen, dass ich mir meine engsten Mitarbeiter nicht selber aussuchen kann, sondern einem Diktat zu gehorchen habe und ich muss eingestehen, dass ich offensichtlich nicht mehr in der Lage bin, völlig unzulässige Einmischungen, in diesem Fall von der SPÖ, zu verhindern.

Jeder anständige Mensch nimmt in so einer Situation seinen Hut und geht. Dies habe ich bisher aus zwei Gründen nicht getan. Erstens habe ich (spät aber doch) gelernt, derartige Entscheidungen nicht in einer emotional belasteten Situation zu treffen. Und zweitens habe ich gestern und heute sehr viele Reaktionen aus den Kreisen meiner Kollegen, Mitarbeiter und aus dem Stiftungsrat erhalten, die mich alle auch gebeten haben, diesen Schritt jetzt nicht zu tun.

Ich werde in den nächsten Tagen viel nachdenken und mich mit Freunden beraten. Dann werde ich meine Entscheidung treffen.

Seien Sie versichert, dass ich in meiner Zeit als Informationsdirektor für alle meine Kolleginnen und Kollegen auch große, soziale Verantwortung gespürt habe. Daran wird sich nichts ändern.

Ich bitte Sie sehr wachsam zu sein und alles zu tun, unsere Eigenständigkeit, Sauberkeit und Unabhängigkeit im Journalismus nicht zu gefährden.

Fritz Dittlbacher wünsche ich bei seiner neuen Aufgabe jeden nur denkbaren Erfolg."