Wenn es denn noch eines Beweises für Elmar Oberhausers Anschuldigung bedurft hätte, der ORF sei fest im Griff der Parteien, so wurde dieser vom Stiftungsrat heute erwartungsgemäß nachgeliefert. Brav. Der Informationsdirektor, gewiss kein einfacher Zeitgenosse, geht. Dessen Aufgaben will Alexander Wrabetz im Nebenjob erfüllen. Dass sich der Generaldirektor durch übertriebenes journalistisches Gespür und/oder programmplanerische Fähigkeiten auszeichnet, ist allerdings nicht weiter überliefert. Auch für allzu forschen (parteipolitischen) Widerstand ist er nicht gerade berühmt. Zu vermuten ist also, dass der wirklich starke Mann im Noch-Leitmedium ORF Pius Strobl heißen wird, schon jetzt geschickter Ränkeschmied. Eventuell ist Wrabetz ja den falschen Feind losgeworden.

Sicher, man muss im ORF immer mit undichten Stellen rechnen, nicht nur was das Gebäude betrifft. Auch dessen Inwohner leiden öfters unter (gut getimter) Logorrhöe. Wie bei Oberhausers Mail, die - obwohl eine interne Mitteilung - windeseilig an die Öffentlichkeit gelangte; ebenso wie Details seines Supervertrags (der seines Ex-ORF-Chefs ist übrigens um nichts schlechter). Die Frage ist daher: Wem nutzte die gezielte Indiskretion? Dem gefeuerten Informationsdirektor? Nein. Dem Generaldirektor schon eher. Erstens konnte er - endlich - Führungspersönlichkeit spielen. Zweitens tausende Mitarbeiter in Geiselhaft nehmen. Und drittens zwecks Wiederwahl Parteitreue signalisieren. (Andrea Schurian/DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2020)