Wien - In der ORF-Geschäftsführung gibt es nach der Abwahl von Informationsdirektor Oberhauser neuen Wirbel: Stein des Anstoßes ist eine Mitarbeiterin des ORF, die vor dem Stiftungsratssaal am vergangenen Donnerstag im Auftrag von Kommunikationschef Strobl Gespräche von Journalisten mit Direktoren mitschnitt. DER STANDARD berichtete in einem Teil der Samstagausgabe vom Protest der Direktoren dagegen. Programmdirektor Lorenz spricht nun in "Österreich" von einem "Abhörskandal".

Lorenz kritisiert den mächtigen ORF-Kommunikationschef und Wrabetz-Vertrauten Strobl in dem Interview mit scharfen Worten. "Wir können diese blamable Situation nicht auf unserem Unternehmen sitzen lassen. Da gibt der Kommunikationschef des Hauses einen Abhör-Auftrag. Das zeigt, was für eine pervertierte Vorstellung von Kommunikation er hat. Wo sind wir denn da? Das erinnert an späte DDR-Methoden. Untragbar!" Er will den Vorfall zum Thema in der nächsten Geschäftsführersitzung des ORF machen. "Alle Direktoren sind sehr erbost. Das sind Sitten, die man sich verbitten muss", meinte er.

Kommunikationschef Strobl versuchte am Sonntag zu kalmieren: Er habe eine Mitarbeiterin der Cross Promotion aus seiner Abteilung gebeten, Interviews aufzunehmen, sagte Strobl. Ziel sei es gewesen, "eine Art Stimmungsbericht" für die Kollegen in den Bundesländern zu machen. Nachdem keine klassischen Interviewsituationen mehr erkennbar gewesen seien, habe er erkannt, dass das nicht so einfach gehe. "Alle Aufnahmen wurden vernichtet, nachdem ich gehört hatte, was passiert ist", sagte Strobl. "Das war nicht für die Veröffentlichung gedacht, sondern für die Kolleginnen und Kollegen intern." Und: "Nachdem es kritisches Hinterfragen gegeben hat, habe ich die Kollegin abgezogen." Er halte "die Aufregung für höchst unzulässig, sagte der Kommunikationschef.

Die Mitarbeiterin der Cross-Promotion hatte am Donnerstag für erhebliche Irritationen unter Journalisten und ORF-Direktoren gesorgt. Ausgestattet mit einem digitalen Aufnahmegerät hatte sie sich wortlos neben Anwesende gestellt und deren Gespräche aufgezeichnet. (APA)