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Aydin Dogan, unter anderem mächtigster Medienunternehmer der Türkei, lässt der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sein Massenblatt "Hürriyet" präsentieren. Mittlerweile gilt er als politikmüde.

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Industrieboss Aydin Dogan braucht Bares zur Begleichung einer Rekordsteuerstrafe, die ihm die türkische Justiz auferlegte. Doch Ankara hat eine Steueramnestie präsentiert, die ihm Luft verschaffen könnte.

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Istanbul/Sofia - Auf der Höhe seiner politischen Macht soll er Regierungschefs und Minister im Pyjama empfangen haben. Doch nun hat Aydin Dogan, der Doyen der türkischen Industriebosse, nicht nur seine Petrol Ofisi, den größten Tankstellenbetreiber im Land, an die OMV abgetreten. Der erfolgreichste Medienunternehmer der Türkei will sich auch von seinen Zeitungen und Fernsehstationen trennen. RTL, Murdoch oder News Corp. haben bereits Angebote für Teile der Dogan Yayin Holding, der Mediengruppe des Dogan-Konzerns, unterbreitet.

16,4 Mio. Lira (8,3 Mio. Euro) Plus hat Dogan Yayin im dritten Quartal verbucht, wie das Unternehmen nun bekanntgab, im Vorjahr waren es um diese Zeit noch 19,4 Mio. Lira Verlust (9,8 Mio. Euro). Eine zweite gute Nachricht erhielt Aydin Dogan zu Wochenbeginn ausgerechnet von der Regierung, mit der er seit Jahren im Streit liegt: Eine umfangreiche Steueramnestie in der Türkei könnte die Rekordstrafe von 2,4 Milliarden Euro wegen angeblicher Steuervergehen deutlich schrumpfen lassen. Türkische Medien spekulierten über eine Strafe von umgerechnet "nur noch" 710 Millionen Euro. Bisher lautet die Haupterklärung für Dogans Abverkauf seines Imperiums schlicht: Das Unternehmen braucht Bargeld, um die Steuerschuld zu begleichen. Eine Mil- liarde Euro scheffelt etwa die OMV für Petrol Ofisi in Dogans Kasse.

Politische Motive für Verkauf

Am politischen Hintergrund des Verkaufs der auf zwei Mrd. Euro geschätzten Dogan Yayin haben türkische Medienexperten wie Ragip Duran gleichwohl keine Zweifel: "Es ist nach 2003 das zweite Mal, dass die herrschende politische Macht in der Türkei eine Mediengruppe auflöst." Vor sieben Jahren hatten die türkischen Behörden die Tageszeitung Star (Auflage heute: 103.307) des flüchtigen Konzernchefs und Politikers Cemal Uzan konfisziert und später Ali Ozmen Safa, einem der konservativ-muslimischen Regierungspartei AKP nahestehenden Unternehmer, übertragen. Uzans TV-Sender Star konnte damals noch die Dogan-Gruppe aufkaufen.

Aydin Dogan möchte sich nun kleiner machen, glauben die Analysten. "Er will nicht länger ein Ziel für Premierminister Erdogan sein", sagt der Kolumnist und Wirtschaftswissenschafter Mustafa Sönmez über die Entscheidung des 74-Jährigen.

Zu Dogans Mediengruppe gehören neben dem Fernsehsender CNN Türk und dem mit 20 Prozent Zuschaueranteil bedeutendsten Privatsender Kanal D die Boulevardblätter Posta (482.683) und Hürriyet (443.829). Dogans politisch liberale Blätter Milliyet (102.016) und die Tageszeitung " Radikal" (36.229), die kürzlich mit der Wirtschaftszeitung "Referans" (8962) fusionierte, erreichen nur eine begrenzte Leserschaft. (Markus Bernath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.11.2010)