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Faymann: "Bildungspolitik ist für einen Kuhhandel ungeeignet."

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Dass die roten Landeshauptleute neuerdings der Einführung von sozial gestaffelten Studiengebühren das Wort redeten, habe sie auch "ein bisschen überrascht", sagt Claudia Schmied.

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Wien - Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann hat am Dienstag das Nein seiner Partei zu Studiengebühren oder einer Diskussion darüber unterstrichen. "Wenn wir der Bevölkerung klar machen, dass wir die Studiengebühren als etwas betrachten, das den Grundsätzen der Sozialdemokratie entgegensteht, nämlich dem freien Zugang zu den Universitäten, dann gilt das für uns", sagte er im Ministerratsfoyer.

Der freie Hochschulzugang sei schon im Wahlkampf ein zentrales Thema gewesen, so der Kanzler weiter. 2008 hatte die SPÖ ja nur wenige Tage vor der Nationalratswahl die Studiengebühren mit den Stimmen von Grünen und FPÖ abgeschafft. Die Sozialdemokraten würden weiter an ihrer Ablehnung solcher Gebühren festhalten: "Der freie Zugang zu den Universitäten heißt nicht, dass man nicht gewisse Regelvorgaben braucht, aber man braucht keine Gebühren. Dabei bleibe ich bei meiner Meinung."

Kein Diskussionsverbot für Länder

Ein striktes Diskussionsverbot in seiner Partei will der SPÖ-Chef freilich nicht aussprechen. Die jüngsten Wortmeldungen der SPÖ-Landeshauptleute, die Studiengebühren favorisierten, sieht er vielmehr auch als einen Anstoß für eine Debatte über das österreichische Stipendiensystem. Hier könne man sicher darüber reden, wie dieses gerechter gestaltet werden kann.

Kein Tauschhandel

Von einem allfälligen Abtausch im Bildungsbereich, wonach etwa die SPÖ Studiengebühren zulassen und die ÖVP im Gegenzug bei der Gesamtschule nachgeben könnte, wollte Faymann überhaupt nichts wissen: "Bildungspolitik ist für einen Kuhhandel ungeeignet." Das sieht auch Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) so. Dieser räumte am Dienstag nach dem Ministerrat ein, dass das Thema Studiengebühren in der Koalition derzeit "nicht konsensfähig" sei. Dennoch glaube er an einen "Kompromiss" bei Reformen im Uni-Bereich.

Bis kommende Woche läuft ja noch die Begutachtungsfrist für die von ÖVP-Wissenschaftsministerin Beatrix Karl vorgelegten neuen Uni-Zugangsregelungen.

Pröll verwies überdies auf das demnächst vorzulegende ÖVP-Bildungskonzept. Derzeit arbeite man mit "Hochdruck" daran. Das Motto lautet "Leistung - Sprache - Vielfalt". Beide Regierungsparteien möchten das kommende Jahr nicht zuletzt unter dem Eindruck der miserablen Pisa-Ergebnisse zum Jahr der Bildung ausrufen. Faymann sieht im Bildungsbereich auch gar nicht so viele Blockaden, wie sie manche Beobachter der Regierung vorwerfen. Schon bei der Kinderbetreuung habe man eine "gemeinsame Haltung". Über die neue Mittelschule werde man weiter reden und auch bei den Gesprächen über die Studienplatzfinanzierung für Universitäten "sei Bewegung" vorhanden.

Die Studierenden sind indes von solchen Ansagen wenig beeindruckt. Auch diesen Dienstag hält die Österreichische Hochschülerschaft wieder eine Kundgebung gegen die Sparpläne der Regierung vor dem Bundeskanzleramt ab.

Schmied gegen Vorstoß der SP-Landeshauptleute

Ein klares Nein zur Einführung von Studiengebühren kam auch von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ). Sie hat am Dienstag vor dem Ministerrat auf einen entsprechenden Parteitagsbeschluss verwiesen: "So lange die Parteilinie so ist, halte ich mich eisern daran." Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) reagierte dagegen erfreut auf die positiven Signale der SP-Landeshauptleute zu sozial gestaffelten Studiengebühren und will nun mit dem Koalitionspartner darüber verhandeln.

"Klare Linie der SPÖ"

Zumindest vorerst dürfte die ÖVP-Ministerin bei ihrer SPÖ-Kollegin Schmied damit allerdings abblitzen. Sie spreche natürlich regelmäßig mit Karl und es gebe auch viele gemeinsame Projekte, sagte Schmied vor der Regierungssitzung: "Aber bei den Studiengebühren gibt es eine klare Linie der SPÖ." Dass die roten Landeshauptleute neuerdings trotz des Parteitagsbeschlusses der Einführung von sozial gestaffelten Studiengebühren das Wort redeten, habe sie auch "ein bisschen überrascht". "Es gibt eine klare Linie, wenn man die ändern will, müsste man in der Partei darüber reden", so Schmied.

Wissenschaftsministerin Karl sieht sich durch die Aussagen der roten Landeshauptleute in ihrer Forderung nach Wiedereinführung der Studiengebühren bestärkt. Sie werde "die Situation nutzen" und mit der SPÖ Gespräche über ein sozial gestaffeltes Beitragsmodell aufnehmen, so die Ministerin.

Kein Tausch Gesamtschule gegen Studiengebühren

Einig waren sich Karl und Schmied in diesem Zusammenhang nur darüber, dass es keinen Abtausch zwischen den von der ÖVP gewünschten Studiengebühren und der von der SPÖ (aber auch von ÖVP-Landeshauptleuten, Anm.) geforderten Ausweitung der Neuen Mittelschule geben werde. Das Bildungssystem sei "kein Bazar", betonte Karl und verwies in Sachen Neue Mittelschule auf das für Jänner geplante Bildungskonzept der ÖVP. Auch Schmied betonte, dass die Neue Mittelschule getrennt vom Studiensystem diskutiert werden müsse.

Gegen einen Abtausch sprachen sich auch die anderen vor der Regierungssitzung befragten Minister aus. "Ein Zusammenhang ist nicht gegeben bzw. nicht Verhandlungsmasse", betonte ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Auch SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wünscht keinen Abtausch zwischen Gesamtschule und Studiengebühren und betonte ebenso wie Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), sich an den Parteitagsbeschluss halten zu wollen.

Kein klares Nein von Schieder

Für Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) wäre ein Abtausch ebenfalls "nicht sinnvoll". Er war vor dem Ministerrat der einzige SP-Politiker, dem zumindest kein klares Nein zu Studiengebühren zu entlocken war: Es gehe bei den Universitäten sowohl um eine Verbesserung der Studienbedingungen als auch des Stipendiensystems. Hier bestehe "dringender Handlungsbedarf" und der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) habe mit seinen Aussagen zu den Studiengebühren das System von dieser Seite her aufbrechen wollen, glaubt der Wiener SP-Politiker.

Eine Absage an die Wiedereinführung von Studiengebühren kam auch aus Vorarlberg. Der erweiterte Landesparteivorstand der SPÖ Vorarlberg hat sich Montagabend in einem einstimmigen Beschluss gegen die Wiedereinführung von Studiengebühren ausgesprochen. Dieser Schritt komme für die Ländle-SPÖ "nicht infrage", teilte Parteichef Michael Ritsch am Dienstag den Medien mit. Viel wichtiger sei es, die Bildungsreform voranzutreiben. Außerdem gilt es nach der Auffassung des Parteivorsitzenden eine Reichensteuer ins Auge zu fassen. (APA)