Über 5.000 Digitale Optische Module (DOM) wurden in  kilometertiefe Löcher am Südpol platziert.

Foto: NSF/B. Gudbjartsson - This material is based upon work supported by the National Science Foundation under Grant Nos. OPP-9980474 (AMANDA) and OPP-0236449 (IceCube), University of Wisconsin-Madison

Die IceCube-Anlage im Verhältnis zur Station an der Oberfläche und dem antarktischen Felsuntergrund.

Foto: NSF - This material is based upon work supported by the National Science Foundation under Grant Nos. OPP-9980474 (AMANDA) and OPP-0236449 (IceCube), University of Wisconsin-Madison

Hamburg - Das bisher größte Neutrino-Teleskop der Welt ist nach knapp sechs Jahren Bauzeit und einem Jahrzehnt Vorbereitung dieser Tage fertig gestellt worden. Kernstück der Anlage in der Antarktis ist ein Eiswürfel mit einer Größe von einem Kubikkilometer, der mit höchstempfindlichen Lichtsensoren durchsetzt ist. Die Sensoren sollen Spuren der flüchtigen Neutrinos aus dem Weltall auffangen.

Neutrinos sind nur sehr schwer nachweisbare Elementarteilchen, die 1930 vorhergesagt, jedoch erst 1956 wirklich festgestellt wurden. Milliarden von ihnen prasseln pro Sekunde auf jeden Quadratzentimeter der Erdoberfläche, die meisten von ihnen durchdringen die Erde jedoch, ohne mit einem einzigen Atom zu kollidieren. Dass sie kaum mit anderer Materie in Wechselwirkung treten, mach sie für die Astronomie zu einzigartigen kosmischen Boten: Neutrinos können viel leichter als Licht aus kompakten kosmischen Regionen wie etwa dem Innern unserer Sonne entweichen und praktisch ungestört durchs All reisen.

Suche nach weit gereisten Neutrinos

Beispielsweise konnten Neutrinos von der Sonne bereits Theorien über die Fusionsreaktionen im Sonneninnern bestätigen. IceCube sucht nach Neutrinos aus Quellen, die viel weiter entfernt sind als unsere Sonne – Tausende bis Milliarden von Lichtjahren. Zu den Forschungsobjekten zählen etwa schwarze Löcher, die im Zentrum von Galaxien sitzen, und die in kosmologischen Theorien vorhergesagte, rätselhafte Dunkle Materie.

Um den flüchtigen Teilchen auf die Spur zu kommen, müssen Neutrino-Teleskope entsprechende Ausmaße annehmen. IceCube am Südpol besteht aus 86 Kabeltrossen, an denen in Tiefen zwischen 1,45 und 2,45 Kilometern jeweils 60 Glaskugeln mit Optischen Sensoren angebracht sind. Die insgesamt über 5.000 Detektoren sollen das schwache bläuliche Leuchten auffangen, das entsteht, wenn ein Neutrino mit Materie reagiert. Die so gemessenen Signale werden zur Zentralstation an der Oberfläche übertragen, dort aufbereitet und via Satellit an die Forschungsinstitute auf der Nordhalbkugel gesendet.

Erste Ergebnisse

Der modulare Aufbau von IceCube hat es erlaubt, schon vor seinem Bauabschluss Messungen durchzuführen. In jedem Jahr seit 2005 wurden mit der jeweils fertig gestellten Konfiguration von Trossen (2005: 1, 2006: 9, 2007: 22, 2008: 40, 2009: 59, 2010: 79 Trossen) Daten genommen. Mit dem wachsenden Detektor wurden die Daten von Jahr zu Jahr detaillierter und haben bereits erste Ergebnisse geliefert.

Christian Spiering vom deutschen Forschungszentrum DESY blickt gespannt in die Zukunft: "Wir hoffen auf die baldige Entdeckung extraterrestrischer Quellen hochenergetischer Neutrinos. Schon die bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse können sich sehen lassen. Wir haben fast hunderttausend Neutrinos registriert, die in der Erdatmosphäre erzeugt wurden."

Ideale Bedingungen am Südpol

Das Projekt wird von einem internationalen Konsortium unter Führung der National Science Foundation (NSF, USA) betrieben. Das IceCube-Team besteht aus 260 Wissenschaftern von 36 Forschungsinstitutionen aus acht Ländern.

Der Südpol ist nach DESY-Angaben ein idealer Ort für das Projekt, weil er kristallklares Tiefeneis bietet und mit der Amundsen-Scott-Station die notwendige Infrastruktur vorhanden ist.  (red/APA)