Straßburg - Fast überdeckt wurden vom Streit um das ungarische Mediengesetz die programmatischen Vorhaben für die Union, die Premierminister Viktor Orbán dem Plenum des EU-Parlaments präsentierte und die er in den kommenden sechs Monaten seines Ratsvorsitzes umsetzen will.

Das wichtigste Vorhaben sei es, die Union aus der Wirtschaftskrise zu führen. Die EU sei möglicherweise in der schwierigsten Lage seit 20 Jahren. Nicht zufällig habe seine Regierung den Vorsitz unter das Motto eines "starken Europa" gesetzt. Der Premierminister will bis Juli sechs EU-Gesetze auf den Weg bringen, die den Euro-Stabilitätspakt verschärfen, die Elemente der künftigen Wirtschaftsregierung zusammenfassen, vor allem aber jene EU-Vertragsänderung ausverhandeln, die zur Einrichtung eines permanenten Krisenmechanismus die Absicherung des Euro ermöglichen soll.

Orbán wünscht sich, dass man über verschiedene EU-Vorhaben wie die Erweiterung, endlich "wieder positiv spricht". Er habe vor, die Verhandlungen mit Kroatien während seines Vorsitzes, also bis Anfang Juli, abzuschließen, sodass das Beitrittsdokument unterzeichnet werden kann.

Es gelte, die osteuropäischen Länder wieder stärker ins Bewusstsein der europäischen Politik zu bringen. "Unbedingt" will Orbán die Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in den Schengenraum erreichen, also den Wegfall der Grenzkontrollen zu den anderen EU-Ländern.

Neben dem Beschluss der Donaustrategie, die vom belgischen Ratsvorsitz als Projekt übernommen wurde, möchte der ungarische Premier auch die geplante Roma-Strategie beschließen lassen. Es sei entscheidend, den Roma jetzt zu helfen, ihnen ein Leben zu ermöglichen, das den europäischen Standards entspricht. Im April wird die EU-Kommission dazu einen Bericht vorlegen. (tom/DER STANDARD, Printausgabe, 20.1.2011)