Graz - Der Abend des 31. Jänners 2010 begann im Café Zeppelin gemütlich: In dem Beisl im Grazer Uni-Viertel hatte sich eine Runde eingefunden, um den Geburtstag eines Freundes zu feiern. Doch das Feiern nahm ein jähes Ende, als acht Männer in Bomberjacken, Springerstiefeln und T-Shirts mit Neonazi-Codes und rechtsradikalen Slogans darauf das Lokal betraten. Augenzeugen berichten dem Standard, dass sich die Männer, in deren Begleitung auch eine junge Frau war, mit "Heil Hitler" und "Heil Strache" zuprosteten und das Horst-Wessel-Lied ("Die Fahnen hoch!"), das bis 1945 die Hymne der NSDAP war, sangen.

Als jener Mann, dessen Geburtstag gefeiert wurde, zu der Gruppe von Neonazis ging, um sie zu beschwichtigen, da ihr Gesang jede andere Musik im Lokal übertönte, beantworteten die Angeklagten das mit Faustschlägen und Tritten. Auch andere zu Hilfe eilende Freunde und ein Kellner wurden attackiert und zum Teil schwer verletzt, die Einrichtung des Lokals zum Teil kurz und klein geschlagen.

"Wie im Blutrausch"

Wie die Staatsanwaltschaft Graz dem Standard am Donnerstag bestätigte, wurde nun vor wenigen Tagen gegen alle acht Männer wegen Wiederbetätigung und schwerer Körperverletzung Anklage vor dem Geschworenengericht erhoben. Ein Verhandlungstermin wird frühestens in zwei Wochen feststehen. Einige der Angeklagten sind auch der schweren Körperverletzung in verabredeter Verbindung angeklagt: Diese Männer sollen nämlich auf den am Boden liegenden Jubilar eingetreten haben. Dabei soll einer der Beschuldigten mit einem Fuß wuchtig auf den Kopf des mit dem Gesicht am Boden liegenden Mannes gestampft haben. Das führte zu Brüchen des Nasenbeines und beider Augenhöhlen sowie zu einem vom Nacken bis zum Scheitel reichenden Bluterguss.

"Sein Gesicht war schon richtiggehend zermatscht. Die haben gewirkt wie komplett Wahnsinnige im Blutrausch", erzählt ein männlicher Zeuge, der aus Angst anonym bleiben will, "andererseits waren sie extrem gut koordiniert, fast wie eine Sondereinheit".

Die Beschuldigten sind keine Unbekannten in der Neonazi-Szene - und auch nicht bei der FPÖ. Einer von ihnen, Richard P., wurde vor zwei Jahren vom steirischen Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) ausgeschlossen, "weil er einen Grazer Falter-Redakteur eigenmächtig schriftlich beflegelte", erklärt Hannes Amesbauer, Obmann des Steirer-RFJ und FPÖ-Landtagsabgeordneter, dem Standard. Ein anderer, der sich wegen des Vorfalls im Café Zeppelin verantworten muss, Stefan J., soll laut Amesbauer aber immer noch Mitglied des RFJ sein. "Er ist Bezirksobmann des RFJ Deutschlandsberg", sagt Amesbauer, der sich von der Anklage überrascht zeigt.

"So etwas hat bei uns keinen Platz", betont er. Die "Ehrenerklärung", die Amesbauer RFJ-Vorstandsmitglieder kürzlich unterschreiben ließ, um zu versichern, dass man nichts mit der illegalen Neonazi-Homepage Alpen-Donau-Info zu tun habe, wurde - wie berichtet - ebenso auf der Seite wiedergefunden wie Fotos von Teilnehmern einer Anti-FPÖ-Kundgebung im Mai 2009 in Graz. Bei der Veranstaltung wurde auch Stefan J. beim Fotografieren von Antifaschisten beobachtet - und selbst fotografiert. Amesbauer will davon nichts wissen und nennt die Neonazi-Seite "grenzdebil". Nachsatz: "Wir werden bei der nächsten RFJ-Vorstandssitzung am 12. Februar über personelle Konsequenzen reden." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Printausgabe, 4.2.2011)