Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: epa/KHALED EL FIQI

Am 27. Januar twitterte Wael Ghonim: "Vor einem Jahr habe ich gesagt, das Internet wird die politische Szene in Ägypten verändern, und da haben sich einige Freunde über mich lustig gemacht." Zwölf Tage später lacht niemand mehr über ihn.

Kurz nachdem Ghonim obige Twittermeldung gepostet hatte, war der Google-Marketingmanager festgenommen worden und saß bis Montag in der Haft des gefürchteten ägyptischen Sicherheitdienstes.

Sein Mut und sein Glaube an die demokratische Macht des Internets haben ihn zu einem der neuen Helden Ägyptens gemacht. Eine Bezeichnung, die der 30-Jährige für sich nicht gelten lassen will: "Ich bin kein Held. Ich habe nur meine Tastatur eingesetzt. Helden sind die, die auf der Straße ihr Leben gelassen haben - die ich nicht beim Namen nennen kann."

Wie sich erst nach und nach herauskristallisiert, zählt Ghonim zu einer kleinen Gruppe politischer Aktivisten, die ihr technisches Know-how genutzt haben, um die Demonstrationen zu entfachen, die jetzt die Regierung Hosni Mubarak bedrohen.

Der 30-Jährige war einer von vier Administratoren einer Facebook-Seite, die sich zum virtuellen Hauptquartier der Protestbewegung entwickelte, bis die Internetzugänge gekappt wurden. Wie er jetzt nach seiner Freilassung bekannte, hatte er als "al Shaheed" , Arabisch für "der Märtyrer" , die Unterstützerseite "We are all Khaled Said" eingerichtet. Khaled Said war ein Händler und Blogger aus Alexandria, der im Sommer vergangenen Jahres auf offener Straße von der Polizei zu Tode geprügelt wurde. Für Oppositionsführer Mohamed ElBaradei erstellte er eine offizielle Internetseite. Anderen Oppositionsgruppen stand er ehrenamtlich als technischer Berater zur Verfügung.

Persönliche Details gibt es über den verheirateten zweifachen Vater kaum. Doch Ghonim ist ein typisches Beispiel für die Diskrepanz in Ägypten. Die jungen, gebildeten und technikaffinen Menschen des Landes drängen vehement aus dem engen Korsett eines verstaubten und innovationshemmenden Regimes. Auf seiner Profilseite bei dem Kurznachrichtendienst Twitter zeigt sich der Internet-Aktivist in Form einer Karikatur seiner selbst: gekleidet wie ein Pharao an einem Laptop. Auch wenn er befürchtet, möglicherweise bald wieder verhaftet zu werden, ist sein Wille ungebrochen: "Freiheit ist ein Segen, der es wert ist, dafür zu kämpfen" , twitterte er nach seiner Freilassung.  (Karin Tzschentke/DER STANDARD, Printausgabe, 9.2.2011)