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Herwig Seeböck bei den Aufnahmen für die ORF-Produktion "Der See" im Jahr 1997.

Foto: APA-FOTO/ORF/Milenko Badzic

Wien - Wegen "Widerstand gegen die Staatsgewalt" musste er ins Gefängnis - die daraus gewonnene Erfahrung hinter Gittern machte ihn berühmt: Mit dem Kabarettstück "Die große Häfenelegie" schrieb der Schauspieler, Kabarettist und Regisseur Herwig Seeböck in seinen vier Gefängnismonaten im Jahr 1964 ein Stück österreichischer Kleinkunst-Geschichte. Nun ist der Wiener im Alter von 71 Jahren verstorben.

Wie es zur "Häfen-Elegie" kam

Herwig Seeböck wurde am 7. Dezember 1939 in Wien geboren. Er studierte zunächst an der Angewandten Malerei, entdeckte als Statist am Burgtheater allerdings schon bald das Schauspiel für sich. Im Alter von 25 Jahren kommt es in Grinzing zu einer entscheidenden Weichenstellung in Seeböcks Leben: Als er mit einem Freund zwei Küchenmädchen im oberen Stock eines Wirtshauses besuchen will, werden sie für Einbrecher gehalten und von der Polizei gestellt. Seeböck habe eine Boxerstellung eingenommen und sich der Festnahme widersetzt, meinte der Inspektor. Notwehr, beteuerte der Verhaftete.

"Viereinhalb Monate schwerer Kerker", lautete das Urteil - und hatte in der "Häfenelegie" mit ihren Charakterstudien, kriminellen Tipps und Alltagsphilosophien hinter Gitter fruchtbare Folgen. 1965 wurde das Stück am "Neuen Theater am Kärntnertor" in Wien uraufgeführt, wo Gerhard Bronner ihn bereits vor seiner Haft in sein Kabarett-Ensemble geholt hatte. Mehr als 3.000 Mal hat Seeböck das Stück daraufhin auf der Bühne selbst gespielt. Mittlerweile bringt sie sein Sohn Jakob zur Aufführung.

Zahlreiche Einsätze auf der Bühne und vor der Kamera

Fortan wirkte Seeböck als Schauspieler, Kabarettist, Regisseur, aber auch Maler und Übersetzer. Von 1967 bis 1969 war er in Graz, nach seiner Rückkehr nach Wien wirkte er sowohl in Theaterstücken als auch in Filmproduktionen mit. Von 1970-73 und von 1977-79 war er am Volkstheater und zwischen 1973 und 76 am Burgtheater engagiert. Im Sommertheater im Sieveringer Steinbruch spielte er jahrelang Shakespeare. Ab 1981 arbeitete er als freier Schauspieler und Regisseur. Auch außerhalb Österreichs stand er auf der Bühne und für internationale Filmproduktionen vor der Kamera. Mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Erika Mottl, las er Karl Valentin und gründete das "Seeböck Ensemble".

Neben seiner Regietätigkeit und der Schauspielerei unterrichtete der leidenschaftliche Dudelsack-Spieler unter anderem am Max Reinhardt-Seminar. Zu seinen privaten Schülern, denen er auch Fechtunterricht erteilte, zählte neben Alfred Dorfer, Andrea Händler und Josef Hader etwa Roland Düringer, mit dem er auch in "Muttertag" als Kaufhausdetektiv ("Hustinettenbär"), in "Hinterholz 8" sowie im Kabarett ("Roll over Rike") auftrat.

Vor einigen Jahren hatte sich Seeböck von der Bühne zurückgezogen. "Ich war bis fünfzig so wild, dass mir das heute wehtut", hatte er vor einem Jahr in einem Ö1-Interview erzählt. "Mein wildes Leben rächt sich jetzt." (APA/red)

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Betroffen reagierte der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny auf den Tod von Herwig Seeböck. "Wir haben einen großen Volksschauspieler verloren. Herwig Seeböck war nicht nur ein herausragender Komödiant und Kabarettist, sondern er war auch in allen anderen Genres auf der Bühne genauso wie im Film zu Hause. Seine Figuren waren stets durchdrungen von einer beeindruckenden Authentizität", so Mailath in einer Aussendung. Mit seiner "Häfenelegie" habe er "unvergessliche Kabarettgeschichte geschrieben, die uns für immer erhalten bleibt".

"Er war ein liberaler Geist, der mit geschickter Ironie Freunderlwirtschaft und Korruption auf die Schaufel genommen hat. Der Satz in seiner Häfenelegie, es ist besser einen kleinen Sekretär im Ministerium zu kennen, als den Minister persönlich, wird mir immer in Erinnerung bleiben", gedachte der Grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl des toten Schauspielers und Kabarettisten.

Für die Kultursprecherin der Wiener ÖVP, Isabella Leeb, war Seeböck "ein grantelnder Wiener, wie er im Buche steht. Einer, der auf Bühne und Film Charakterstudien abgeliefert hat und dabei auf ein großes Repertoire seiner Kunst zurückgreifen konnte. (...) Wien verliert damit ein weiteres Aushängeschild der Darsteller, die die Kunst und Kultur dieser Stadt mitgeprägt haben." Ähnlich FP-Gemeinderat Gerald Ebinger: "Seeböck war nicht nur ein großartiger Kabarettist, sondern auch ein perfekter Charakterdarsteller. Seeböcks Tod ist ein großer Verlust für die Kunst- und Kulturszene Wiens." (APA)