Es sind eindeutige, oft harte Worte, die am Mittwoch in Straßburg die Plenardebatte des Europäischen Parlaments zur Krise in Nordafrika und zu den Massakern an der Zivilbevölkerung in Libyen prägen: "Gaddafi ist ein Verbrecher, er ist ein Mörder, der vor den internationalen Strafgerichtshof gehört. Er wird seiner Strafe nicht entgehen", hält Martin Schulz, der Fraktionschef der Sozialdemokraten, fest.

An sich brauche man ein UN-Mandat, um gegen ihn vorzugehen. Aber auch wenn die Gemeinschaft vor "einer schwierigen Wahl" stehe, dürfe man "keine Maßnahme ausschließen, auch nicht militärische", so Schulz, "Das sagt uns das Gewissen."

Viele Redner stimmen ihm - quer durch die Fraktionen - ausdrücklich zu; greifen die Forderung auf, dass die EU politisch und wirtschaftlich größtmögliche Hilfe für die Menschen in Libyen aufbringen müsse.

"Gaddafi darf nicht den Sieg davontragen, er muss besiegt werden, die Libyer müssen ihn besiegen", ruft der grüne Fraktionschef Daniel Cohn-Bendit ins Plenum. Es gehe dabei nicht um die Nato, denn die Afrikanische Union selber wolle eine Flugverbotszone. Gaddafi müsse gezeigt werden, dass er die eigene Bevölkerung nicht bombardieren darf.

Der Liberale Alexander Graf Lambsdorff wird deutlicher: "Wir sind nicht neutral in diesem Konflikt. Gaddafi muss weg." Es stelle sich die Frage was geschehe, wenn China und Russland ein UN-Mandat verhindern: "Dann haben wir die Verantwortung, diese Lücke im Völkerrecht zu schließen."

Was die Hauptredner der wichtigsten Fraktionen in der Aussprache mit EU-Außenministerin Catherine Ashton vortrugen, findet Niederschlag in einer Erklärung, die das Plenum heute, Donnerstag, beschließen wird.

Ashton selbst schloss eine "sicherheitspolitische Aktion" auf EU-Basis nicht aus. Sie weigerte sich aber, die vom EU-Parlament aufgestellten Forderungkatalog - insbesondere die Einrichtung einer militärisch gesicherten Flugverbotszone und die sofortige Anerkennung des libyschen "nationalen Übergangsrates" - den Staats- und Regierungschefs der EU vorzuschlagen, damit dem Parlament zu folgen. Die Forderungen der Abgeordneten gehen weiter als das, was die nationalen Regierungen bisher verlangten. Der Zeitpunkt dafür war gut gewählt.

Am Freitag findet in Brüssel ein Sondergipfel zu Libyen statt, der den am Nachmittag angesetzten Euro-Gipfel der 17 Länder der Währungsunion völlig überlagern dürfte. Zeitgleich werden die Verteidigungsminister der Nato im Nordatlantikrat tagen, um die Optionen für ein militärisches Eingreifen der Allianz gegen das Regime von Gaddafi zu prüfen.

Frankreich und Großbritannien bemühen sich um ein UN-Mandat für eine Flugverbotszone über Libyen. Die italienische Regierung, die bisher reserviert war, hat angekündigt, das mitzutragen.

Am Rande des Plenums trat mit Mahmoud Jebril ein Mitglied des "Übergangsrates" der Rebellen auf. Er warb um Anerkennung des Rates als "einzig legitimer Vertreter des libyschen Volkes". Jebril befürwortete auch eine Flugverbotszone: "Wir haben doch keine Wahl. Jede Minute wird unser Volk getötet." Aber: Es dürfe keine fremde Militärpräsenz geben. (Thomas Mayer7DER STANDARD, Printausgabe, 10.3.2011)