Rosa gegen den Dreck der Welt
Nadja Bucher
Milena Verlag 2011
ISBN: 978-3-85286-203-3
200 Seiten

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Rosa ist eine Putzfrau mittleren Alters. Sie hat keine besonderen Kennzeichen und das ist ihr auch nur recht. Schließlich hat sie mit der Gesellschaft und ihren Ansprüchen, Verlockungen, Belohnungen und Ohrfeigen abgeschlossen. Was sie will ist ihre Ruhe und die Welt nicht noch mehr verschmutzen, als sie eh schon ist.

Deshalb verzichtet sie als Putzfrau auf chemische Reinigungsmittel, putzt mit Essig und Tierhaarbürsten und verwendet Holz- statt Plastikkübel. Der Kundschaft ist es gleich, weil Rosa so gründlich ist wie keine andere. Eines Tages jedoch, als Rosa in der Wohnung einer niemals anwesenden Frau zu putzen beginnt, lässt sich ihr Anspruch auf Autonomie nicht mehr Aufrecht erhalten und ihr selbstauferlegter, emotionaler Container beginnt zu lecken.

Versaute Welt

Der erste Roman von Nadja Bucher, einer in der österreichischen Szene bereits als Poetry Slammerin bekannte Autorin, hantelt sich minutiös und wortwitzig durch die Welt einer radikalen Umweltschützerin, die mit der ach so versauten Welt nicht einmal mehr auf Kriegsfuß steht.

Doch obwohl sich der ökologische Gedanke bei Rosa bis in die Unterwäsche und das Zähneputzen fortgepflanzt hat, wird der Protagonistin doch immer wieder vorgeführt, dass sie nicht autonom leben kann. Nicht nur, dass das Interesse an einer anderen, noch niemals gesehenen Frau in ihr entsteht, es ist auch die Umwelt, die sie trotz ihrer Bemühungen immer noch belastet.

Alte Fragen

Wer angesichts der Ankündigung eines "Putzfrauenromans", wie es der Verlag tut, eine prosaische Abhandlung über die Arbeitsbedingungen von Putzfrauen oder ihre soziale Stellung erwartet, die wird von Buchers Roman enttäuscht sein. "Rosa gegen den Dreck der Welt" ist vielmehr ein Gesellschaftsroman, der sich auf persönlicher Ebene mit der Frage nach dem richtigen und guten Leben beschäftigt. Rosa strebt nach Perfektion in der eigenen Lebensführung. Sie will aber auch den Lohn dafür einstreichen, indem sie sich moralisch über den anderen stehend wähnt.

Vielen Frauenschicksalen nicht unähnlich, die einen radikalen Anspruch (sei er nun moralisch oder auf Kontrolle bezogen) an ihre eigene Existenz stellen, führt Rosa vor, dass dieses Unterfangen scheitern muss. Das Einsparen von CO2-Ausstoß ähnelt dabei frappant dem allseits verbreiteten Kalorien-Zählen: zu existieren geht einfach nicht ohne das Eine oder das Andere (zumindest in der westlichen Welt); Autorin Bucher übersetzt dieses Scheitern in einen witzig-ironischen Text, der mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die Gedankenwelten einer Neurotikerin führt.

Hier schnappt die Falle für den/die LeserIn zu. Wieviel Rosa steckt selber in einer/einem drin? Der Roman hat die Kraft, die Last der ökologischen Schuld ein wenig von den eigenen Schultern zu nehmen, aber er regt auch an, Salz als Zahnpasta-Ersatz zumindest einmal auszuprobieren. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 27.3.2011)