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Für Willibald Riedler war Gagarins Pionierflug ein persönlicher Ansporn - Herr und Frau Österreicher nahmen die Nachricht hingegen gelassen auf.

Foto: APA/Markus Leodolter

Graz - Als Juri Gagarin am 12. April 1961 zum ersten bemannten Raumflug aufbrach, wurde eine weitere Etappe im Wettlauf zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion zugunsten der Sowjetunion entschieden. "Es war ein großes Ereignis, ein Schock wie der Sputnik-Start war es aber nicht", erinnert sich der gerne auch als "österreichischer Weltraumpapst" bezeichnete Willibald Riedler.

"Es war ein Meilenstein auf dem Weg des Menschen in den Weltraum, vom technischen Blickpunkt her gesehen war es aber nicht mehr so eine große Überraschung wie der Start des ersten sowjetischen Satelliten 'Sputnik' im Oktober 1957", führt Riedler aus. Zuvor sei ja schon bekanntgewesen, dass sowohl die USA als auch die Sowjetunion im Vorfeld schon immer wieder Tiere mit Raumkapseln ins All gebracht haben. "Als wir in Wien die Nachricht hörten, waren wir nicht wirklich verwundert, obwohl wir schon erstaunt waren, dass es schon wieder die Sowjetunion war, die die Nase vorne hatte", schildert der ehemalige Leiter des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Keine besondere Anteilnahme der österreichischen Bevölkerung

Dass der damals aus einfachen ländlichen Verhältnissen stammende, 27-jährige sowjetische Militärpilot den Raumflug wagte, bewertet Riedler als "eine ohne Zweifel mutige Leistung". Dass Gagarin heroisiert und das Ereignis - vor allem in der damaligen Sowjetunion - oftmals mit Kolumbus' Entdeckung von Amerika oder Charles Lindberghs Atlantiküberflug verglichen wurde, findet er nicht gerechtfertigt: "Es hat auch eine Reihe von anderen Bewerbern gegeben, die auch den Mut bewiesen hätten" meint Riedler.

Riedler selbst (geb. 1932) war zu Beginn der 1960er-Jahre nach seinem Studium der Nachrichtentechnik an der Technischen Hochschule Wien Assistent am dortigen Institut für Hochfrequenztechnik. An eine besondere Anteilnahme der österreichischen Bevölkerung an der Nachricht vom ersten bemannten Weltraumflug kann er sich nicht erinnern. "Selbst bei uns am Institut hatte das Ereignis in den Gesprächen nicht die absolute Priorität - obwohl wir die bisherigen Entwicklungen natürlich verfolgt haben."

Für ihn persönlich sei es "schon eine Motivation, mich mit der Erforschung des Weltalls stärker zu beschäftigen" gewesen. 1962 übersiedelte der damals 30-Jährige an das geophysikalische Observatorium der Schwedischen Akademie in Kiruna und begann neben Forschungen auf dem Gebiet der Ionosphärenphysik mit Raketen- und Satellitenexperimenten, studierte parallel dazu in Wien auch noch Meteorologie und Geophysik.

"Neuer Kolumbus" müsste zum Mars fliegen

Drei Jahrzehnte später sollte Gagarin nochmals eine Rolle in Riedlers Karriere spielen: Nachdem die damalige UdSSR im Jahr 1987 Österreich zu einem gemeinsamen bemannten Weltraumprojekt namens "Austromir" eingeladen hatte, wurde Riedler die wissenschaftliche Leitung übertragen. Der erste und bisher auch einzige "Austronaut" - Franz Viehböck - startete zu seinem Besuch der sowjetischen Raumstation "Mir" von der selben Rampe in Tjuratam (nahe dem heutigen Baikonur), von der aus auch Gagarin seine Erdumrundung angetreten war, erzählt Riedler. Ja - und unter der Fülle von Ehrungen, die Riedler im Laufe seiner Karriere zuteil wurden, findet sich auch die - zweimalige - Verleihung der "Juri Gagarin-Medaille" der russischen Weltraumbehörde für besondere Verdienste um die Weltraumforschung.

Für die bemannte Weltraumfahrt bricht Riedler nach wie vor eine Lanze - auch wenn die Bundesregierung schon bald nach der Austromir-Mission beschlossen hat, dass sich Österreich nicht weiter an entsprechenden Projekten beteiligen wird: "Wenn es das philosophische Ziel ist, immer neue Horizonte anzustreben und auch im Weltraum präsent zu sein, dann bleibt nichts anderes übrig. Das wird vielleicht nicht heute oder morgen sein, aber irgendwann muss man damit beginnen." Eine bemannte Mars-Mission findet er durchaus sinnvoll - "und die Leistung wäre dann wirklich mit jener von Christoph Kolumbus zu vergleichen", so der Grazer Weltraumexperte. (APA/red)