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Automatenspiele birgen ein hohes Suchtpotenzial.

Foto: Marcus Führer/dpa

Wie jedes Jahr lud auch heuer die SPÖ-Wien zum 1. Mai-Fest im Prater. Dort vergnügen sich Kinder und Erwachsene bei Musik, Spiel, Speis und Trank. Die SPÖ und SPÖ-nahen Organisationen nutzen das Fest gerne auch um die Werbetrommel für sich zu rühren. Gesponsert wird es unter anderem von Glücksspielbetreibern wie Novomatic, Casino Admiral Prater und Admiral Sportwetten.

Automatenspielsucht trifft viele Junge

Jedoch nicht nur am Tag der Arbeit profitiert die Stadt von Glücksspielanbietern. 55 Millionen Euro  fließen kontinuierlich pro Jahr als Steuereinnahmen aus dem Glücksspiel in ihre Kassen. Dass mit dem kleinen Glückspiel oft auf Kosten sozial Benachteiligter Profite gemacht werden, ist vielen Sozialdemokraten ein Dorn im Auge.

Am Wiener SP-Landesparteitag am 28. Mai wollen die SPÖ Alsergrund sowie die SPÖ Josefstadt nun einen Antrag auf das gänzliche Verbot des kleinen Glücksspiels in Wien einbringen. Denn viele Jugendliche sind von der Spielsucht betroffen: 40 Prozent aller Hilfesuchenden bei der Spielsuchthilfe in Wien haben unter 18 Jahren zu spielen begonnen. In ihrem Antrag kritisiert die SPÖ Alsergrund: "Besonders junge Männer aus sozial schwächer gestellten und migrantischen Millieus sind gefährdet, in die Automatenspielsucht abzurutschen." Zur Kernaufgabe der Sozialdemokratie gehöre es jedoch "diese Menschen zu schützen". Die SPÖ möge sich "entschieden gegen die Idee stellen, Budgetlöcher durch die Ausbeutung spielsüchtiger Menschen zu stopfen."

Reperaturbedürftiges Glücksspielgesetz

Im Sommer des vergangenen Jahres hatte der Bund die Glücksspiel-Materie neu geordnet. Maximaleinsätze und Gewinne wurden zwar deutlich erhöht, aber auch strengere Zutrittskontrollen, die Verhinderung von Parallelspielen sowie eine Anbindung aller Geräte an das Bundesrechenzentrum eingeführt. Wie DER STANDARD berichtete, hat das neue Gesetz jedoch zahlreiche Rechtsstreitigkeiten ausgelöst. Automaten-Betreiber, die sich mit der Finanz im Streit befinden, sollen Strafanzeigen gegen Beamte eingebracht haben, weil sie vermeintlich illegale Automaten beschlagt haben sollen. Das kleine Glücksspiel offiziell zu erlauben um es dafür besser kontrollieren zu können, wird jedoch meist als das zentrale Argument dafür angeführt.

Auch Grüner Widerstand bröckelt

So bröckelte auch in Oberösterreich der Widerstand der Grünen gegen das kleine Glücksspiel. Erst Anfang März wurde es mit ihren Stimmen im oberösterreichischen Landtag legalisiert. Auf Anfrage von derStandard.at heißt es seitens der Grünen in Oberösterreich, das Glücksspiel hätte man deshalb "aus der Illegalität geholt, weil man so die Schattenwirtschaft und die damit einhergehende Begleitkriminalität besser bekämpfen kann". Die Oberösterreicher erwarten sich Mehreinnahmen von 8 bis 17 Millionen Euro.

Auch die Grünen in Wien, Juniorpartner der Roten, zeigen sich zunehmend zahnlos in dieser Frage. Während im Wahlprogramm der Wiener Grünen noch die Abschaffung des kleinen Glücksspiels gefordert wurde, heißt es im  Regierungsübereinkommen: "In Ausführung der Glücksspielgesetznovelle 2010 wird eine landesgesetzliche Regelung erarbeitet, die SpielerInnen- und Jugendschutz garantiert. Die Konzessionsvergabe wird an die neuen bundesgesetzlichen Bestimmungen angepasst."

Die Wiener Grünen seien zwar nach wie vor für die Abschaffung des kleinen Glücksspiels, erklärt Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Wiener Grünen. Mit dieser Forderung konnte man sich in der Koalition jedoch nicht durchsetzen. Im Rathaus hätte man eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der etwa die Themen Suchtprävention und Jugendschutz diskutiert werden. Denn: Der Jugendschutz ist zwar per Gesetz vorgeschrieben, funktioniert in der Realität derzeit nicht, wie Hebein berichtet. Zum Thema Jugendschutz sagt Novomatic zu derStandard.at: "Alle Spielteilnehmer müssen sich mit einem amtlichem Lichtbildausweis registrieren, wodurch die rigorose Einhaltung des Jugendschutzes bestmöglich gewährleistet sein sollte."

Die Gemeinschaft profitiert

Seitens der Wiener SPÖ sieht man keine Veranlassung das kleine Glücksspiel zu verbieten. "Eine breite Mehrheit der Wiener SPÖ hat sich dafür ausgesprochen", sagt Erich Valentin, Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats. Strenge Kontrollen seien notwendig um die Jugend und Spielsüchtige schützen . Darüber, wie das kleine Glücksspiel kontrolliert werden soll, gibt Valentin  keine konkrete Auskunft. Nur so viel: "Uns ist jedes Mittel Recht". Ein gänzliches Verbot sei kontraproduktiv. "Die Automaten würden illegal aufgestellt, wir hätten keine Kontrolle darüber." Ob die Stadt Wien auf die Steuereinnahmen aus von 55 Millionen Euro pro Jahr verzichten könnte? Dies sei nicht die Kernfrage. Entscheidend sei, dass das Verbot nirgendwo funktioniere. Zudem sei die Stadt Wien kein "unbekanntes Wesen", vielmehr profitiere die Allgemeinheit von den "legitimen Steuereinahmen".

Plus vier Millionen für das Burgenland

Auch das sozialdemokratisch geführte Burgenland will noch in diesem Jahr das Glücksspiel legalisieren. Das entsprechende Begutachtungsverfahren ist bereits abgeschlossen. Im ganzen Burgenland sollen 236 Automaten aufgestellt werden. Die Auflagen für das kleine Glücksspiel sollen allerdings strenger sein, als vom Bund vorgegeben. So wird etwa die Spieldauer auf eineinhalb Stunden pro Tag bei Einzelautomaten und auf drei Stunden pro Spielsalon beschränkt. Spielsalons dürfen höchstens 20 Automaten führen - diese dürfen nicht in unmittelbarer Nähe von Schulen und Kindergärten errichtet werden. Das Burgenland erwartet sich Einnahmen von rund vier Millionen Euro pro Jahr.

Burgstaller: "Unverantwortlich"

Im ebenfalls von der SPÖ regierten Land Salzburg verzichtet man auf diese Steuereinnahmen mit folgendem Argument: "Gerade vor dem Hintergrund, dass von den Auswirkungen dieser Sucht in Österreich nicht zuletzt die Familien von Spielkranken, also Jugendliche, Frauen und Kinder betroffen sind, wäre es unverantwortlich, das durch eine Legalisierung auch noch zu fördern. In Salzburg wollen wir keine Einnahmen, die aus der Spielsucht erwachsen", sagte SPÖ-Landesparteivorsitzende Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Ebenfalls verboten ist das kleine Glücksspiel in Vorarlberg und Tirol.

Dass das kleine Glücksspiel auch in Wien verboten wird, scheint aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Im Budget-Voranschlag sind für das Jahr 2011 Einnahmen von 10,81 Milliarden Euro vorgesehen, welchen Ausgaben von 11,43 Milliarden Euro gegenüberstehen. Daraus ergibt sich eine Neuverschuldung von 621,3 Mio. Euro. Fehlten die Glücksspieleinnahmen, müsste der Schuldenberg gar mit 676 Euro beziffert werden. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 6. Mai 2011)