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Trauerfeier für Osama bin Landen in Jakarta, Indonesien

Foto: AP/dapd/Irwin Fedriansyah

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Heute, Donnerstag, trifft US-Präsident Barack Obama am Ground Zero mit Angehörigen der Opfer von 9/11 zusammen.

Foto: AP/dapd/Mark Lennihan

Die Kommandoaktion gegen den Terror-Chef war erfolgreich. Die US-Regierung tat sich dennoch schwer, exakt darüber zu informieren. Obama entschied schließlich, dass keine Fotos herausgegeben werden.

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Präsident Barack Obama setzte am Mittwochabend einen Schlusspunkt unter eine Debatte, die sich in den Stunden zuvor immer schneller zu drehen begann: Die USA werden kein Foto des getöteten Al-Kaida-Chefs Osama Bin Laden veröffentlichen. Punktum. Eine Veröffentlichung würde ein nationales Sicherheitsrisiko heraufbeschwören, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses. Obama sei der Meinung, dass sie Auslöser für Gewalt sein könne. Auch könne ein Foto als Propagandamittel missbraucht werden.

Zuvor war Obamas CIA-Direktor Leon Panetta noch durch die Redaktionen in Washington geeilt und hatte orakelt, dass man das Foto letztendlich doch veröffentlichen werde müssen: "Ich denke, wir müssen dem Rest der Welt beweisen, dass wir ihn gefunden und getötet haben."

Wo sind die Beweise?

Panetta, der in der Geheimdienstzentrale in Langley Regie führte, als die Navy Seals in Pakistan das Anwesen Osama Bin Ladens stürmten, wurde vom Weißen Haus in Marsch gesetzt, um Antworten auf offene Fragen zu geben. Ist Bin Laden wirklich tot? Wo sind die Beweise? Hatten die Navy Seals überhaupt die Absicht, ihn lebend zu fangen? "Ich habe diese Fotos gesehen" , stellte Panetta in einem Interview des TV-Senders NBC News klar. "Wir haben sie analysiert. Es kann keinen Zweifel geben: Es ist Bin Laden."

Präsidentensprecher Jay Carney dagegen sagte, die Aufnahmen seien "grauenhaft" . Daher habe die Regierung Obama sich dagegen entschieden, dass sie freigegeben werden sollten. Offenbar zeigen sie ein entstelltes Gesicht.

Bei früheren Gelegenheiten hatte das Weiße Haus solche Argumente nicht zählen lassen. Im Jahr 2003 etwa zögerte die Riege George W. Bushs nicht lange, bevor sie Bilder zweier entsetzlich zugerichteter Leichen im Irak veröffentlichte - Bilder von Uday und Kusay, den getöteten Söhnen Saddam Husseins.

Verwirrung

Zugegeben, so der Tenor amerikanischer Kommentatoren, eine einfache Entscheidung sei es nicht. Doch je länger die Administration zögerte, desto mehr fühlten sich Zweifler und Verschwörungstheoretiker in ihrem Verdacht bestärkt. Ohnehin leistete sich Obamas Stab nach der Kommandoaktion in Pakistan einige Schnitzer, die eher Verwirrung stifteten statt Klarheit schufen.

Zunächst hieß es, Bin Laden habe sich mit der Waffe gewehrt und sei deshalb erschossen worden. Dann ruderte der Präsidentensprecher zurück. Zwar blieb Carney bei der Version, wonach der Al-Kaida-Chef Widerstand geleistet habe, fügte aber kryptisch hinzu: "Um Widerstand zu leisten, bedarf es keiner Feuerwaffe." Auf hartnäckige Nachfragen ergänzte er schließlich eindeutig: "Er war nicht bewaffnet."

Nach der neuesten Variante soll die Ehefrau Bin Ladens auf die Angreifer zugestürmt sein, worauf die Navy Seals ihr ins Bein schossen. Was Bin Laden dann tat, verhüllt die US-Regierung einstweilen hinter diffusen Phrasen.

Die Kommandoeinheit habe innerhalb von Sekundenbruchteilen entschieden, sagt Panetta. Das Team habe die Order gehabt, den Terrorpaten notfalls zu töten, ohne noch einmal um Erlaubnis fragen zu müssen. Die Lage in dem Haus sei unübersichtlich gewesen, verteidigt sich der CIA-Chef. Auf anderen Etagen sei noch immer geschossen worden, als ein Elitetrupp zu Bin Ladens Schlafzimmer im dritten Stockwerk vorgedrungen sei. Man habe nicht wissen können, ob irgendwo Sprengstofffallen lauerten.

Unsicherheit bis zum Ende

"Hätte er seine Hände gehoben, hätten sie ihn lebend gefangen" , beharrt Panetta und räumt zugleich ein, dass bis zum Schluss unklar war, ob Bin Laden tatsächlich in der Villa wohnte.

In einem Punkt scheint jetzt immerhin Klarheit zu bestehen: Pakistan war zu keiner Zeit in die Pläne eingeweiht. Jegliche Zusammenarbeit, so der Geheimdienstdirektor, hätte die Mission nur gefährdet. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 6.5.2011)