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Zu rasche Stimmungswechsel bleiben häufig unerkannt und unbehandelt

Foto: AP/Daniel Roland

Einmal heiter, einmal wolkig - Stimmungsschwankungen kennt jeder. Ändert sich die Stimmung schlagartig und ohne Grund innerhalb weniger Stunden, aber nicht so schwerwiegend wie bei Manisch-Depressiven, spricht man von einer so genannten zyklothymen Störung. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Psychotherapie und Psychosomatik hat eine Gruppe italienischer Forscher rund um Giovanni Fava an der Universität Bologna eine randomisierte kontrollierte Studie über psychotherapeutische Behandlung von solchen Störungen veröffentlicht.

"Diese Patienten können ihre Stimmung innerhalb von Stunden ändern, von heiter und warmherzig bis hin zu reizbar und depressiv - allerdings ohne die ausgedehnten Phasen bei bipolaren Störungen", erklärt Fava. Es handle sich um eine vernachlässigte Krankheit, da es keine zugelassene medikamentöse Behandlung für sie gibt. "Die Störung wird eher dem Temperament zugeschrieben und als etwas betrachtet, wogegen man nichts tun kann. Aber wir haben etwas anderes herausgefunden", so Fava.

Mangel an Studien

Es bestehe ein Mangel an kontrollierten Studien der psychologischen Behandlung von zyklothymen Störungen. Ziel der Untersuchung war es, die Vorteile der sequenziellen Kombination von kognitiver Verhaltenstherapie und well-being-Therapie (WBT) zu untersuchen. Das Ergebnis: Die Psychotherapie erzielte große Verbesserungen. Eine Kombination von kognitiver Verhaltenstherapie und WBT, die die Stimmungsschwankungen und damit oft einhergehende Ängste ansprach, brachte signifikante und anhaltende Vorteile bei zyklothymen Störungen.

In einem begleitenden Leitartikel umreißt ein führender Experte am Gebiet der affektiven Störungen, Ross Baldessarini von der Harvard Medical School, die Bedeutung dieser neuen Erkenntnisse. Vor dem Hintergrund, dass die Komplexität und die Subtypisierung von affektiven Störungen weiter wachsen, sieht er es als Herausforderung diese Konzepte epidemiologisch und klinisch zu unterstützen. "Wir haben herausgefunden, dass zyklothymen Störungen im Wesentlichen eine abnorme Reaktivität auf Umweltreize ist. Durch die Reduzierung von Ängsten und Anspannungen und durch verbessertes psychisches Wohlbefinden können diese Stimmungsschwankungen verblassen", erklärt Fava. Es gebe viel zu tun, vor allem bei Jugendlichen. (red, derStandard.at, 9.5.2011)